Düsseldorf. Der Bund will kostenlose Bürgertests trotz steigender Infektionszahlen einschränken. In NRW hält man das für keine gute Idee.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat angesichts steigender Infektionszahlen vor Einschränkungen bei den kostenlosen Corona-Bürgertests gewarnt. „Ich finde, in der jetzigen Situation die Bürgertests abzuschaffen, falsch“, sagte Laumann in einem SAT1-Interview. Es sei ein Unding, dass wenige Tage vor dem Auslaufen der aktuellen Testverordnung niemand wisse, wie es weitergehen soll.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte am Mittwoch bei einer Konferenz mit seinen Länderkollegen in Magdeburg eine „Corona-Herbststrategie“ vorgelegt. In dem fünfseitigen Papier wird vorgeschlagen, die kostenlosen Tests künftig auf Patienten mit Symptomen sowie ausgewählte Personengruppen zu beschränken. Dazu sollen Kleinkinder, Schwangere, Ukraine-Flüchtlinge, aber auch Besucher von Großveranstaltungen zählen. Reine Präventivtestungen würden auf Krankenhäuser und Pflegeheime reduziert. Außerdem sollen die Gesamtkosten für den staatlichen Testaufwand um die Hälfte reduziert werden.

Länder wollen Gratis-Tests beibehalten, aber nicht für Kosten aufkommen

Lauterbach hatte die Einschränkungen in der ARD-Sendung „Maischberger“ verteidigt und betont, er hätte die Tests „gerne eingeschränkter und besser kontrolliert“. Nach dem Bekanntwerden von Abrechnungsbetrug in Teststellen und Berichten über unfachmännische Abstriche will der Bund künftig genauer hinschauen. Lauterbach wies die Kritik an seinen Plänen zurück: Die Länder wollten die Gratis-Tests zwar weiter behalten, sich aber nicht an den Kosten beteiligen. Dabei geht es um gewaltige Summen: Bundesweit wurden an kommerzielle Betreiber von Teststationen bereits 10,5 Milliarden Euro ausgezahlt. In NRW gibt es dagegen die Sorge, dass eine zusätzliche Nachweis-Bürokratie die Bereitschaft zum freiwilligen Abstrich sinken lasse und die Testinfrastruktur insgesamt gefährde. Der Bund muss die Testverordnung bereits bis Ende Juni reformieren.

Laumann fordert Klarheit über Rechte für die Länder

Laumann forderte zudem mehr Tempo bei der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Länder benötigten rechtliche Klarheit, um Maßnahmen für den womöglich dritten Corona-Herbst vorzubereiten. Die Bundesregierung hatte den Ländern die Möglichkeit genommen, eigenständig flächendeckende Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen durchzusetzen. „Der Bund uns mal langsam sagen, wie er sich ein Infektionsschutzgesetz vorstellt. Welche Rechte will er den Ländern geben?“, kritisierte Laumann.

Insbesondere der FDP-Teil in der Ampel-Bundesregierung pocht jedoch auf eine wissenschaftliche Evaluation der Eindämmungsmaßnahmen, bevor den Ländern neue Corona-Instrumente an die Hand gegeben werden. Laumann hat dafür kein Verständnis: „Wenn der Bund weiter abwartet, dann geht der Sommer vorbei, dann sind wir ruckizucki im Herbst. Liebe Leute, dann kann es auch eng werden.“