Düsseldorf. Die neue Landesregierung muss sich auf neue Massenproteste gegen die Räumung des Braunkohle-Dorfes Lützerath einstellen.

Der künftigen schwarz-grünen Landesregierung droht ein neuer Großkonflikt um den Braunkohle-Tagebau in NRW. Vor der für diese Woche angekündigten Vorstellung des Koalitionsvertrages geraten CDU und Grüne unter immer stärkeren Druck, ein Bekenntnis zum Erhalt des Erkelenzer Ortsteils Lützerath abzugeben. Das Dorf ist für die Klimabewegung zu einem Symbol geworden wie der Hambacher Forst, der 2018 trotz des größten Polizeieinsatzes der Landesgeschichte vor der Rodung bewahrt werden konnte.

CDU und Grüne hatten in ihren Sondierungen zur Bildung einer gemeinsamen Landesregierung angekündigt, mit einer zeitnahen neuen Leitentscheidung für Klarheit und Sicherheit im Rheinischen Revier sorgen zu wollen. Alle Dörfer des sogenannten dritten Umsiedlungsabschnitts sollten nicht mehr abgebaggert werden. Lützerath, das zum zweiten Umsiedlungsabschnitt gehört, wurde indes nicht erwähnt. Umweltschutzorganisationen erwarten nun mit Spannung, inwieweit der Koalitionsvertrag hier Klarheit schafft.

5000 Klimaschützer wollen Tagebau blockieren

Initiativen gegen den Braunkohleabbau haben bereits dazu aufgerufen, sich zur Rodungssaison ab Oktober den Baggern des Energiekonzerns RWE entgegenzustellen. Bereits über 5000 Demonstranten hätten angekündigt, sich der Zerstörung von Lützerath zu widersetzen, teilte „Fridays for Future“ mit. Die Verfeuerung der Kohleschicht unter dem Dorf sei nicht mit den Klimaschutzzielen vereinbar. Auch die Umweltorganisation BUND warnt davor, den Ukraine-Krieg als Argument für eine weitere Zerstörung heranzuziehen. Es sei wichtig, symbolisch die Grenze des globalen Temperaturanstiegs von bis 1,5 Grad im Jahr 2100 durch Lützerath verlaufen zu lassen.

Sogar die Grünen-Bundestagsabgeordnete und bekannte Klimaaktivistin Kathrin Henneberger hatte zuletzt zivilen Ungehorsam gegen die Räumung angekündigt: „Wenn irgendjemand meint, Lützerath zu räumen, dann müssen sie mich miträumen.“

RWE wird Wüst kaum zur Hilfe eilen

Unklar ist bislang, wie Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die designierte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) mit dem drohenden Ungemach umgehen wollen. Das Gelände fällt im September rechtlich an den RWE-Konzern, der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zudem ausdrücklich ermuntert worden ist, mehr Kohlestrom zu produzieren, um knappere Gas-Lieferungen aus Russland auszugleichen.

Schwarz-Grün darf nicht darauf hoffen, dass RWE-Chef Markus Krebber das Problem in Lützerath für sie löst. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ machte er vielmehr deutlich, dass die Kohle unter dem Dorf genutzt werden soll: „Gerichtlich ist das letztinstanzlich entschieden, wir haben uns auch mit dem letzten verbliebenen Landwirt geeinigt. Der planmäßige Tagebaufortschritt ist wichtig, vor allem, wenn wir uns auf Szenarien vorbereiten, in denen Gas gespart werden soll.“ Man gehe davon aus, dass Lützerath im nächsten Jahr bergbaulich in Anspruch genommen wird, so Krebber.