Düsseldorf. Mieterschützer, Sozialverbände und die SPD im Landtag kritisieren Pläne der Wohnungskonzerne, Mieten wegen der Inflation zu erhöhen.

Nach der angekündigten Mietpreis-Erhöhung durch mehrere Wohnungskonzerne in NRW wächst der Druck auf CDU und Grüne, in ihrem Koalitionsvertrag die Mieterrechte nachzuschärfen. „Ohne wirksame Maßnahmen sind Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen die Leidtragenden in den kommenden Jahren“, warnte SPD-Fraktionsvize Christian Dahm am Donnerstag. Schwarz-Grün müsse dringend nacharbeiten. „Im Sondierungspapier findet sich nichts Konkretes zum Schutz der Mieterinnen und Mieter. Damit droht eine gefährliche Entwicklung“, so Dahm.

SPD-Fraktionsvize Dahm: "Diese Aussagen sind schäbig und geschmacklos"

Der Chef des größten deutschen Wohnungskonzerns Vonovia, Rolf Buch, hatte im „Handelsblatt“ erklärt, er halte bei einer anhaltend überdurchschnittlichen Inflation deutlichere Mieterhöhungen für unausweichlich. Hier finden Sie Informationen zum Unternehmen Vonovia.

Auch der Düsseldorfer LEG-Konzern kündigte an, dass sich der Mietermarkt von der Preisentwicklung nicht werde entkoppeln können. SPD-Politiker Dahm reagierte empört: „Wenn man die Milliarden-Gewinne von Vonovia betrachtet, sind die Aussagen des Vorstandsvorsitzenden schäbig und geschmacklos.“

Sozialverband VdK: „Mieten darf kein Weg in die Altersarmut sein“

Kritik üben auch Sozialverbände. Horst Vöge, Vorsitzender des VdK in NRW, warnte vor Problemen gerade für Menschen mit geringerem Einkommen, die bereits durch höhere Nebenkosten belastet seien. „Mieten darf kein Weg in die Altersarmut sein“, mahnte er und kritisierte ebenfalls den Widerspruch zwischen Konzern-Gewinnen und Mieterhöhung. Auch den Berliner Vorstoß, Mieten ans Gehalt zu koppeln, lehnt der VdK ab.

André Juffern, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes in NRW, kritisiert die Drohung der Wohnungskonzerne scharf und erinnerte, wie VdK-Landeschef Vöge, an die explodierenden Nebenkosten. Wenn die Miete über dem Mietspiegel liege, sei eine Erhöhung gar nicht möglich. Und so genannte „Index-Mietverträge“, die an die Inflation angepasst werden könnten, seien „die absolute Ausnahme“. Bei der Vonovia treffe dies nur auf zwei Prozent der Verträge zu.

Haus und Grund: Privaten Eigentümern geht es um ein gutes Verhältnis zum Mieter

Der Eigentümerverband „Haus und Grund“ geht davon aus, dass kleinere private Eigentümer bestehende Mietverhältnisse unangetastet lassen oder nur behutsam anpassen werden. Obwohl die Instandsetzungen viel teurer geworden seien, hätten die meisten privaten Eigentümer ein Interesse an einem reibungslosen Mietverhältnis, sagte Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya. „Man hat zuhause keinen Aktionär, der auf die Zahlen achtet, sondern wünscht sich ein intaktes Verhältnis zum Mieter.“

In NRW wohnen rund zehn Millionen Menschen zur Miete, etwa 60 Prozent der Wohnungen werden von Privateigentümern angeboten, nicht von Unternehmen. Nur 18 Städte unterliegen der Mietpreisbremse. Dort darf bei einer Neuvermietung in der Regel die ortsübliche Vergleichsmiete nur um zehn Prozent überschritten werden. Die Grünen hatten sich im Wahlkampf für mehr Mieterschutzrechte ausgesprochen.

Experten erwarten auch Preissteigerungen für Eigentümer und Mieter durch die Anpassung des Bauens an den Klimaschutz.

"Mieterland NRW" wäre sehr betroffen

Die Preise für Strom, Gas, Öl explodieren, auf Mieterinnen und Mieter kommen also immer höhere Nebenkosten zu, und nun drohen auch noch große Wohnungskonzerne mit Mieterhöhungen wegen der Inflation. NRW wäre als klassisches „Mieterland“ davon sehr betroffen. André Juffern, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes NRW, hält die Pläne für dreist. „Als die Inflation bei nahe null war, haben sich diese Konzerne nicht zur Miete geäußert“, sagte er dieser Redaktion.

Die Mieter würde die Erhöhung doppelt treffen, so Juffern, denn sie litten ja schon unter dem Anstieg der „2. Miete“, also den Nebenkosten. Der Zorn von Mieterschützern und Sozialpolitikern richtet sich auf Großkonzerne wie die Vonovia. „Am Ende zahlen alles die Mieterinnen und Mieter, das ist das Geschäftsmodell von Vonovia & Co“, sagte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes. Die Konzerne machten satten Gewinne, schütteten Dividenden an ihre Aktionäre aus und drehten trotzdem an der Mietenschraube.

Schwarz-Grün wird mit dem Thema Mieten konfrontiert

André Juffern hält das Argument Inflation für nicht stichhaltig. Der größte Teil der Kosten für private Vermieter entstehe durch den Bau eines Hauses. Der Faktor Geldentwertung habe damit wenig zu tun und dürfe nicht zur Begründung von drastischen Mieterhöhungen herhalten.

Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes NRW, sieht CDU und Grüne, die über eine Koalition verhandeln, in der Pflicht. Das Sondierungspapier von Schwarz-Grün sei zu dürftig: „Ein Bekenntnis zum effektiveren Mieterschutz muss sich auch in konkreten Ideen und deutlichen Veränderungen zeigen, sonst ist es ein reines Lippenbekenntnis. In den Koalitionsverhandlungen müssen jetzt Inhalte folgen.“

Sozialverband erinnert an die Bedeutung der Barrierefreiheit

Der Sozialverband VdK in NRW mahnte unterdessen an, bei aller Diskussion um kostengünstiges Wohnen dürfe der Neubau von und Umbau zu barrierefreiem Wohnraum nicht vergessen werden. „Im Moment hat man den Eindruck, Hauptsache Masse, Hauptsache preiswert“, kritisierte der Landesvorsitzende Horst Vöge am Rande eines Landesverbandstags in Köln. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müsse aber auch der barrierefreie Wohnungsbau in den Mittelpunkt gerückt werden.

Klagen, dass dies zu teuer sein und Baukosten um bis zu zehn Prozent erhöhe, widerlegte Vöge: Bei einem barrierefreien Umbauprojekt in Krefeld, das der Sozialverband begleitet hatte, beschränkten sich die Mehrkosten laut Vöge auf 1,75 Prozent. Hoffnung setzt der VdK in die anvisierte schwarz-grüne Koalition: Standards im barrierefreien Wohnungsbau, die unter Schwarz-Gelb ein abgebaut worden seien, sollten nun wieder nachgebessert werden.