Düsseldorf. Die schwarz-grüne Einigung stößt vor allem bei Umweltschützern auf wenig Begeisterung. Das hat mit einem wichtigen Symbolthema zu tun.

Das Sondierungspapier von CDU und Grünen zur Bildung der ersten schwarz-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat bei Umwelt- und Klimaschützern ein eher kritisches Echo gefunden. So hat der Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die am späten Freitagabend abgeschlossenen Verhandlungen am Samstag als „teils gute, aber noch unzureichende“ Grundlage für eine mögliche Regierungskoalition bezeichnet. Die den Grünen nahestehende Organisation appellierte an Spitzenkandidatin Mona Neubaur, im Rahmen möglicher Koalitionsgespräche mit CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst deutlich nachzubessern.

„Wir sehen Fortschritte im Bereich der Klimaschutzpolitik, aber der Naturschutz bleibt eine Fehlstelle“, erklärte in einer Mitteilung der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „In nahezu allen Bereichen haben die Grünen aber wichtige Positionen geräumt. Das ist noch viel Luft nach oben.“

Lützerath ist ein Symbolort wie der Hambacher Forst

Zum Problem für die Grünen könnte werden, dass in den schwarz-grünen Verhandlungen über die Zukunft der Braunkohle nur erreicht wurde, dass im Rheinischen Revier lediglich die Dörfer des sogenannten dritten Umsiedlungsabschnitts eine Bestandsgarantie erhalten. Dies gilt inzwischen als Selbstverständlichkeit. Das zum zweiten Umsiedlungsabschnitt gehörende Lützerath in Erkelenz würde dagegen wie geplant den Abrissbaggern des Energiekonzerns RWE preisgegeben.

Das Dorf ist inzwischen ein Symbolort der Klimabewegung wie der Hambacher Forst, der 2018 trotz des von Schwarz-Gelb angeordneten größten Räumungseinsatzes der nordrhein-westfälischen Polizeigeschichte gerettet wurde. Die für die Grünen wichtige Bewegung „Extinction Rebellion“ kritisierte am Samstag in den Sozialen Netzwerken das Sondierungspapier. Es lasse nicht auf die Einhaltung des 1,5 Grad-Klimaziels hoffen.

Der angekündigte Stopp des Straßenneubaus kommt nicht

Auch der BUND bemängelte, die beim Kohleausstieg gewählten Formulierungen seien „schwammig“, die Ortschaft Lützerath solle offenbar den Baggern preisgegeben werden. Auch fehle ein konkretes Datum für die angestrebte Klimaneutralität. In der Verkehrspolitik und beim Wohnungsbau sehen die Umweltschützer zwar Fortschritte, allerdings vermisst der BUND die im Wahlkampf versprochene Solardachpflicht für Neubauten und den angekündigten Stopp des Straßenneubaus.

Die Grünen werden das zwölfseitige Sondierungspapier am Sonntag einem kleinen Parteitag in Essen vorlegen. Die rund 100 Delegierten sollen auf dieser Basis der Aufnahme von offiziellen Koalitionsverhandlungen zustimmen. Die Grünen-Basis sieht Schwarz-Grün eher kritisch, mancher liebäugelt noch immer mit der rechnerisch ebenfalls möglichen Ampel-Koalition mit SPD und FDP. Die Zustimmung des erweiterten CDU-Landesvorstands gilt dagegen als Formsache, da Schwarz-Grün die einzige realistische Regierungskoalition ist, um Ministerpräsident Wüst in der Staatskanzlei zu halten.