Essen. An den NRW-Unikliniken sind die Auswirkungen des Streiks gravierend. Verdi erhöht den Druck: Gestreikt wird bis zum geforderten Tarifvertrag

Der Tarifkonflikt an den sechs NRW-Unikliniken spitzt sich immer mehr zu. Die hochspezialisierten Krankenhäuser berichten von massiven Auswirkungen für die Patientenversorgung und wirtschaftlichen Schäden in Millionenhöhe infolge des seit drei Wochen andauernden Streiks, mit dem die Beschäftigten aus Pflege und anderen Bereichen konkrete Maßnahmen zur Entlastung einfordern. Zugleich droht sich der Streik noch weiter hinzuziehen.

Katharina Schwabedissen, Gewerkschaftssekretärin von Verdi Ruhr West, sagte am Mittwoch vor der Uniklinik Essen, die Beschäftigten würden so lange für ihre seit Monaten vorgebrachten Anliegen streiken, bis es ein für sie faires Verhandlungsergebnis gebe. Um einen wochenlangen Arbeitskampf zu verhindern, hält sie ein Machtwort der Landesregierung an die Kliniken für notwendig.

„Wir erwarten, dass zügig verhandelt wird. Wenn es dazu kommt, dass hier noch wochenlang gestreikt werden muss, muss sich die Landesregierung einschalten“, so Schwabedissen.

Katharina Schwabedissen, Gewerkschaftssekretärin im Verdi-Bezirk Ruhr-West.
Katharina Schwabedissen, Gewerkschaftssekretärin im Verdi-Bezirk Ruhr-West. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Verdi: „Der Skandal ist nicht der Streik, sondern der Normalzustand“

Kritik, dass der landesweite Uniklinik-Streik zulasten der Patientenversorgung gehe, wies die Gewerkschafterin zurück. An den Kliniken gebe es ausgehandelte Notdienstvereinbarung, der Notdienst werde sichergestellt. „Der Skandal ist nicht der Streik, sondern der Normalzustand“, so Schwabedissen im Essener Streik-Zelt, in dem Beschäftigte von Zeitdruck, immer neuen Aufgaben und zu wenig Personal berichteten. Das wirke sich auf Fachkräfte und die Behandelten aus.

Pflegekräfte, aber auch Beschäftigte aus der Physio- und Ergotherapie, aus Hauswirtschaft, Service oder den Betriebskitas, fordern feste Personalschlüssel, Ausgleich für das Arbeiten in unterbesetzten Schichten und Verbesserungen der Ausbildung. Nach Ablauf eines 100-Tage-Ultimatums an Arbeitgeber und das Land sind sie Anfang Mai in einen unbefristeten Streik eingetreten, um einen „Tarifvertrag Entlastung“ durchzusetzen.

Lange war zunächst unklar, wer darüber mit Verdi verhandeln kann - das Land NRW hatte immer wieder betont, weder Arbeitgeberverband noch Unikliniken seien tariffähig. Eine Gesetzesänderung soll letzteres nun ermöglichen. Nach einem zweiten Verhandlungstermin am Mittwoch zwischen den Klinikchefs sind die Fortschritte dem Vernehmen nach bislang aber noch mäßig.

Unikliniken: OP-Programm drastisch, Auswirkungen auf in der Strahlentherapie

Unikliniken beklagen „dramatische“ Auswirkungen des anhaltenden Konflikts. Das Uniklinikum Essen berichtet, dass derzeit rund 500 Betten gesperrt seien. Zwei Drittel der Operationssäle stünden still und in wenigen Tagen dürfte die Marke von 1000 abgesagten oder verschobenen operativen Eingriffen überschritten werden. Auch Forschung und Ausbildung seien betroffen. Der wirtschaftliche Schaden des Streiks liege bei über zehn Millionen Euro. „In der vierten Streikwoche wächst die Belastung bei allen Mitarbeitenden weiter“, heißt es aus dem Essener Uniklinikum.

An der Uniklinik Düsseldorf sind nur 14 von üblicherweise 28 OP-Säle in Betrieb. Sieben Stationen sind geschlossen und die Zentrale Notaufnahme ist von der Notfallversorgung abgemeldet. Die Uniklinik Köln hat ihr OP-Programm ebenfalls „drastisch“ reduziert, nennt Auswirkungen auf den Normal- und Intensivstationen und auch bei ambulanten Behandlungen erhebliche Verzögerungen. Die Uniklinik Aachen verweist darauf, dass ganze Stationen geschlossen werden müssten. Zu den bestreikten Bereichen gehöre auch die Strahlentherapie.