Düsseldorf. Die NRW-SPD fordert eine bessere Kinderschutz-Ausbildung. Ämter interessierten sich oft mehr für sich selbst als für die Opfer.
Unter dem Eindruck der Taten von Lügde, Bergisch-Gladbach und Münster dringt die NRW- SPD auf einen besseren Schutz für Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch. Sie legte am Dienstag einen „Fünf-Punkte-Plan“ vor, der unter anderem darauf abzielt, den Kinderschutz zum festen Bestandteil der Ausbildung von Lehrenden, Erziehenden, Polizeibeamten und Angehörigen der Justiz zu machen.
Im Schnitt glaubt erst der siebte Angesprochene dem Kind
Die Sozialdemokraten werben für einen „Perspektivwechsel“: Der Kinderschutz müsse künftig zuerst von den Kindern her und nicht aus der Perspektive von Verwaltungen gedacht werden. „Es ist eine erschütternde Erkenntnis, dass ein Kind im Schnitt sieben Erwachsene bei Missbrauch ansprechen muss, bevor ihm geglaubt wird“, sagte NRW-SPD-Vorsitzender Thomas Kutschaty.
Fehlendes Mitgefühl in vielen Ämtern
Oft fehle in der Polizei, in der Justiz oder in Jugendbehörden die Empathie, also das Mitgefühl für junge Missbrauchsopfer, warnte Martin Börschel, in dieser Legislaturperiode Chef des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Kindesmissbrauch“. Nicht selten würden die Kinder in Angst einflößender Umgebung befragt, was die Betroffenen dann erneut zu Opfern mache. Zu den besonderen Herausforderungen gehöre es außerdem, die Jugendämter personell angemessen auszustatten, erklärte Britta Altenkamp, die Vorsitzende der Kinderschutzkommission des Landtags.
Kinderschutz in der Berufsausbildung
Die Sensibilisierung von Menschen, die beruflich mit Kindern Kontakt haben, spielt im Fünf-Punkte-Plan der SPD eine große Rolle. Pädagogen in Kitas und Schulen müssten künftig immer auch in Fragen des Kinderschutzes ausgebildet werden. „Sie müssen lernen, richtig hinzuschauen“, sagte Wolfgang Jörg, Chef des Landtags-Familienausschusses. Alle Ausbildungs- und Prüfungsordnungen sollten entsprechend überarbeitet werden. Ähnliches müsse für die Fortbildung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwälten gelten. Der Kinderschutz müsse auch grundsätzlich Teil der Polizeiausbildung sein.
Die SPD schlägt darüber hinaus vor, das Sozialberufe-Anerkennungsgesetz zu ändern. Ohne Ausbildung im Bereich Kinderschutz dürfe es keine Berufs-Anerkennung mehr geben für Sozialarbeiter, Kindheits- und Heilpädagogen sowie Gesundheitsberufe.
Vorschlag für einen Kinderbeauftragten des Landes NRW
Ein Kinderbeauftragter oder eine Kinderbeauftragte soll sich künftig speziell für die Interessen von Kindern und Jugendlichen stark machen. Diese Spezialisten sollen die Fachaufsicht über die Jugendämter übernehmen, für einheitliche Standards und mehr Verbindlichkeit bei der Arbeit von Jugendämtern sorgen. Ebenfalls angedacht: ein „Betroffenenrat“, der das Leid der Kinder beleuchtet, und Ombudsstellen bei allen Jugendämtern.
Unter dem Eindruck der Verbrechen von Lügde hat NRW als erstes Bundesland eine Landesfachstelle gegen sexualisierte Gewalt eingerichtet.