Düsseldorf. Der Ministerpräsident gibt den Corona-Mahner und sitzt selbst als Infizierter im Hotel in Jerusalem fest. Er meldet sich per Video.
Dem Debakel begegnet man manchmal am besten mit Humor. „Sie haben einen großen, schlanken Ministerpräsidenten erwartet und sie bekommen einen kleinen, dicken Staatssekretär – ich kann die Enttäuschung in Ihren Augen sehen“, scherzt NRW-Staatssekretär Mark Speich bei einem der vielen Termine in Israel, bei denen er seit Montag den Corona-infizierten Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) vertreten muss.
Wüst wollte sich zwei Monate vor der Landtagswahl im heiligen Land als Außenpolitiker beweisen und hockt nun im Jerusalemer Nobel-Hotel „King David“ in Quarantäne. Seine Delegation ist längst in Tel Aviv und tritt an diesem Mittwoch die Rückreise an. Wüst hingegen kann sich frühestens nach fünf Tagen frei testen lassen, soll aber spätestens am Sonntag zurück nach Düsseldorf fliegen dürfen. Die Informationen der israelischen Gesundheitsbehörden scheinen da nicht ganz eindeutig zu sein.
“Mir geht es gut“, sagt Wüst
„Mir geht es gut“, betont der Ministerpräsident in einer Video-Botschaft, die am Dienstag eilig verbreitet wird, um die Arbeitsfähigkeit des Chefs unter Beweis zu stellen. Sogar an der Sitzung der CDU-Landtagsfraktion habe er digital teilgenommen. Bei Wüst im Jerusalemer Hotel sind nur noch sein Stabschef und wichtigster Vertrauter, Marcel Grathwohl, sowie sein Personenschutzkommando, von dem eine Polizistin ebenfalls Corona hat.
Die Quarantäne im Nahen Osten kommt für Wüst gleich in mehrfacher Hinsicht zur Unzeit. Am Donnerstag wollte er eigentlich als Vorsitzender der Ministerpräsidenten-Konferenz wieder in Berlin neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Platz nehmen. Solche Auftritte haben in seinen ersten fünf Amtsmonaten als Nachfolger Armin Laschets die Bekanntheit deutlich erhöht.
Vor allem aber will Wüst in der Corona-Krise als Mahner im „Team Vorsicht“ wahrgenommen werden. Dass die Ampel-Bundesregierung zum 20. März alle Beschränkungen fallen lasse und den Ländern den Weg zu einem „Basisschutz“ mit Masken und Abstandsregeln juristisch unnötig erschwere – das wird vom CDU-Teil der Landesregierung heftig kritisiert.
Auch Laumann muss Quarantäne
Da könnte eine nicht zwingend notwendige Israel-Reise mit Quarantäne-Folgen nicht so gut ankommen. Auch wenn sich Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag ganz ohne Reisetätigkeit ebenfalls Corona-positiv meldete und in die häusliche Quarantäne ins Münsterland verabschiedete.
In der Sache deutet vieles darauf hin, dass NRW eine vom Bund eingeräumte zweiwöchige Übergangsphase nutzen wird, um zunächst einmal möglichst viele Corona-Regeln beizubehalten. Hauptproblem: Die Länder sollen „Hotspots“ mit strengeren Maßnahmen nur bei einer örtlichen „Überlastung“ des Gesundheitssystems einrichten können. Dafür fehlen bislang Kriterien. Auch wenn die NRW-FDP die Maskenpflicht sowieso in möglichst vielen Lebensbereichen quasi als "Freedom Day" fallen lassen will, ist es schwer vorstellbar, dass bei dem gegenwärtigen Infektionsniveau demnächst in Schulen, Geschäften und Großveranstaltungen sämtliche Regeln fallen. Wie schnell man sich trotz Booster-Impfung und Maske anstecken kann und dann erst einmal außer Gefecht gesetzt wird, weiß die Landesregierung schließlich selbst am besten.