Düsseldorf. Kurz vor der Wahl räumen CDU und FDP ein Streitthema ab. Grundstücksbesitzer dürfen auf vollständige Beitragsentlastung hoffen.
CDU und FDP im Landtag stellen Grundstücksbesitzern die vollständige Abschaffung der umstrittenen Straßenbaubeiträge in Aussicht. „Es haben sich Spielräume ergeben, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten“, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen am Dienstag. Ein Antrag der beiden Fraktionen sieht vor, dass sich die Landesregierung zusammen mit den Kommunen bis zum 30. Juni auf ein Konzept einigen soll, das die Anwohner nicht nur – wie bisher – zu Hälfte, sondern vollständig bei den Straßenbaubeiträgen entlastet. Die hundertprozentige Übernahme solle auch für Grundstückseigentümer gelten, denen seit 2020 bereits die hälftige Förderung bewilligt worden sei.
Seit Jahren tobt in NRW ein Streit darüber, ob und in welcher Höhe Grundstückbesitzer für Straßenausbaubeiträge zur Kasse gebeten werden sollen. Die CDU hielt eine Zeitlang eisern an dieser Regel fest, sogar gegen Widerstände aus den eigenen Reihen. Nun, kurz vor der Landtagswahl, wollen sich Union und FDP komplett von den umstrittenen Beiträgen verabschieden.
Zahl der Straßenbaumaßnahmen "nicht so hoch" wie erwartet
Das Land soll künftig die Beiträge, die in manchen Fällen fünfstellig sind, übernehmen. Der „Spielraum“ für diese Entlastung sei da, versicherten die Landtags-Fraktionsvorsitzenden Bodo Löttgen (CDU), Christof Rasche (FDP) sowie NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU).
Scharrenbach begründete den Antrag der Fraktionen, die Beiträge abzuschaffen, mit guten Erfahrungen mit dem landeseigenen Förderprogramm zur Entlastung von beitragspflichtigen Bürgern. Nach eineinhalb Jahren Laufzeit und rund elf Millionen Euro Entlastung habe es sich herausgestellt, dass die Anzahl von kostenpflichtigen Straßenbaumaßnahmen „nicht so hoch“ sei wie erwartet. Der Landtag soll schon in der kommenden Woche über den Antrag abstimmen.
Möglich erscheint die Abschaffung der Straßenbaubeiträge über eine Änderung der Förderrichtlinie. Das Kommunalabgabengesetz muss dafür vorerst nicht geändert werden. Die vollständige Kostenübernahme soll in enger Abstimmung mit den Kommunen gelingen und rückwirkend gelten für alle Ratsbeschlüsse, die ab dem 1. Januar 2018 zu solchen Beiträgen gefasst wurden.
Volksinitiative sammelte etwa eine halbe Million Unterschriften
Viele andere Bundesländer haben Straßenausbaubeiträge abgeschafft oder nie erhoben. Der Protest in NRW nahm immer mehr zu. Der Bund der Steuerzahler hatte im Jahr 2019 im Rahmen einer Volksinitiative rund 500.000 Unterschriften gegen die Straßenausbaubeiträge gesammelt. Unter dem Eindruck dieses Widerstands hatte die Landesregierung in einem ersten Schritt im Jahr 2020 die Belastungen für Grundstücksbesitzer deutlich reduziert. Insbesondere dem Koalitionspartner FDP ging dies offenbar nicht weit genug. Der Vorsitzende des NRW-Steuerzahlerbundes, Rik Steinheuer, reagierte am Dienstag erleichtert auf die Pläne von CDU und Liberalen.
Unser Widerstand zeigt Früchte“, sagte auch Michael Dröge, Vize-Vorsitzender des Verbandes Wohneigentum NRW. Zeitgleich bedauerte er, dass die finale Abschaffung der Beiträge erst nach der Landtagswahl per Gesetz vorgenommen werden soll.
SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty begrüßte den Vorstoß, bezweifelt aber dessen Nachhaltigkeit. „Was ist, wenn die Fördermittel nicht ausreichen?“, fragte er. Nötig sei ein Gesetz, in dem klar stehe, dass Straßenausbaubeiträge nicht auf die Anwohner umgelegt werden dürften.
SPD-Fraktionsvize Christian Dahm sagte: "„Die Ankündigung von Schwarz-Gelb ist ein unausgereifter Schnellschuss kurz vor Ende der Legislatur. Fünf Jahre hatte die Landesregierung Zeit, Bürgerinnen und Bürger bei den Straßenausbaubeiträgen spürbar zu entlasten. Was CDU und FDP nun planen, behält ein Bürokratiemonster bei, ohne einen Effekt. Das bisherige aufwändige Fördersystem soll einfach mit angepasster Förderquote fortgesetzt werden." Unter enormem Verwaltungsaufwand müssten Kommunen in diesem System fällige Straßenausbaubeiträge ermitteln, um dann festzustellen, dass keine Zahlung notwendig sei.