Düsseldorf. Gedränge der Polit-Promis: Die CDU-Bezirkschefs haben ein Personaltableau für die Landtagswahl ausgehandelt. Überraschungen inklusive.

Es war ein harter Kampf. Als sich die acht Bezirksvorsitzenden der NRW-CDU am Samstag über die Reserveliste zur Landtagswahl beugten, wurde so kräftig geschachert wie lange nicht. Erfahren, jung, weiblich, männlich, mächtig, hoffnungsvoll, rheinisch, westfälisch – es gab bei der Zusammenstellung des Personaltableaus viele Aspekte zu berücksichtigen.

Herausgekommen ist eine Liste, die erwartungsgemäß Ministerpräsident Hendrik Wüst anführt. Der gewinnt aber wohl sein Direktmandat im Münsterland, so dass er von der Position als Nummer eins keinen Gebrauch machen muss. Das ist bei Heimatministerin Ina Scharrenbach aus Unna als Nummer zwei schon anders. Ihre gute Platzierung war jedoch unstrittig, da sie als Chefin der Frauen-Union und Präsidiumsmitglied der Bundes-CDU inzwischen über eine solide Machtbasis verfügt.

Das "Kabinettsprivileg" bereitete Kopfzerbrechen

Kopfzerbrechen bereitete den CDU-Bezirksfürsten vielmehr Wüsts Wunsch nach einem generellen „Kabinettsprivileg“: Wer der aktuellen Regierung angehört, sollte möglichst weit oben rangieren. Obwohl bei unklaren politischen Kräfteverhältnissen und nur noch wenigen wirklich „sicheren“ Wahlkreisen in NRW ohnehin größtes Gedränge um die Perspektivplätze herrschte. So wurden der populäre Innenminister Herbert Reul und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann als ältere Listen-Neueinsteiger auf den Plätzen vier und fünf abgesichert. Symbolisch wichtig: Bis Position fünf sind die Namen der Listenkandidaten auf dem Wahlzettel sichtbar.

Der Chef der Ruhr-CDU, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, machte sich die Vorgabe clever zunutze und katapultierte die in Niedersachsen lebende, aber in Dortmund geborene Neu-Verkehrsministerin Ina Brandes kurzerhand mit „Ruhrgebiet-Ticket“ auf Platz sieben. Mit Brandes, Scharrenbach, Generalsekretär Josef Hovenjürgen (9) und der Duisburger Bildungspolitikerin Petra Vogt (11) hat es damit ein Revier-Quartett unter die Top 12 geschafft. Der Bezirk Südwestfalen ist dagegen vorne gar nicht vertreten, auch Ostwestfalen brachte dort nur Bianca Winkelmann unter. Der prominenteste Ostwestfale, Landtagspräsident André Kuper, verzichtete gleich ganz auf eine Berücksichtigung und konzentriert sich auf seinen Wahlkreis.

Die Liste zog bei der CDU oftmals nicht

In Nordrhein-Westfalen gibt es 128 Direktwahlkreise, die mit der Erststimme gewählt werden. Die Mindestgröße des Landtags umfasst 181 Sitze, was zugleich die Ausgangslage für alle weiteren Berechnungen ist. Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate direkt, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis eigentlich zustünden, erhalten die übrigen Parteien Ausgleichsmandate. Die Folge: Der Landtag wird größer. Aktuell hat das Düsseldorfer Parlament bereits 199 Sitze.

Drei Monate vor der Landtagswahl sehen alle Umfragen CDU und SPD jeweils unter 30 Prozent, die Verteilung der Direktwahlkreise ist schwer abzuschätzen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die künftige Landtagsfraktion des Siegers ausschließlich aus Wahlkreisgewinnern besteht und die des Verlierers vorwiegend aus Listen-Kandidaten. Bei drei der vier letzten Landtagswahlen „zog“ die CDU-Liste praktisch nicht.

Vor allem die Ruhr-CDU ist auf gute Platzierungen angewiesen

Insbesondere für die Ruhrgebiets-CDU ist das problematisch. Sie steuert im Millionen-Ballungsraum zwar rund 20 Prozent des Landesergebnisses bei, gewinnt jedoch allenfalls zwei von 32 Wahlkreisen im Revier direkt. Außer im Essener Süden und im münsterländischen Teil des Kreises Recklinghausen ist es noch immer schwer, die traditionelle SPD-Übermacht zu brechen. Bei einem ordentlichen Wahlergebnis der CDU mit Direktmandaten aus den schwarzen Hochburgen in Sauerland, Münsterland und am Niederrhein verpassen deshalb in der Regel Großstadt-Vertreter den Parlamentseinzug.

Zu spüren bekam das 2017 Scharrenbach. Die 45-Jährige wäre heute womöglich Ministerpräsidentin, wenn sie den Sprung in den Landtag geschafft hätte. Als im vergangenen Herbst ein neuer Regierungschef gesucht wurde, kamen laut NRW-Verfassung nur Parlamentsmitglieder in Frage. Der Münsterländer Wüst gewann seit 2005 seinen Wahlkreis in Borken immer direkt. Scharrenbachs Trost: Wenn Wüst diesmal sein Amt verteidigt, dürfte er bei der Vergabe machtvoller Kabinettsposten kaum an ihr vorbeikommen. Verliert er, ist Scharrenbach erste Anwärterin auf die Rolle der Oppositionsführerin.

Das ist der Listenvorschlag der Bezirkschefs

Der Listenvorschlag der Bezirksvorsitzenden, der noch von den Parteigremien bestätigt werden muss, sieht folgende Reihung vor: 1. Hendrik Wüst, 2. Ina Scharrenbach, 3. Bodo Löttgen, 4. Herbert Reul, 5. Karl-Josef Laumann, 6. Ursula Heinen-Esser, 7. Ina Brandes, 8. Bianca Winkelmann, 9. Josef Hovenjürgen, 10. Lutz Lienenkämper, 11. Petra Vogt, 12. Nathanael Liminski.