Berlin/Düsseldorf. Ministerpräsident Wüst hat das Robert-Koch-Institut nach dem Corona-Gipfel verteidigt. Zuvor hatte das RKI weitreichende Regeln gefordert.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat Respekt für die Arbeit des Robert Koch-Instituts (RKI) eingefordert. Die Bundesregierung müsse auch künftig bei ihren Planungen den Expertenrat des RKI einbeziehen, sagte Wüst nach der Krisenschalte der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag. Wüst ist aktuell Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK).
Wenige Stunden vor der Spitzenrunde hatte das RKI in einer neuen Stellungnahme sofortige Maßnahmen wie die Schließung von Restaurants und eine Verlängerung der Weihnachtsferien für Schulen und Kitas gefordert. Die Empfehlungen stimmten mit den Auffassungen der Bundesregierung „in einigen Teilen“ nicht überein und gingen über die Empfehlungen des Expertenrats hinaus, sagte Wüst.
NRW-Ministerpräsident Wüst verteidigt die Arbeit des RKI
„Ja, die Informationslage seitens des Bundes im weitesten Sinne war chaotisch und hat auch zu Verunsicherung am heutigen Tage geführt“, räumte Wüst ein. Dass es ein Votum des Expertenrats der Bundesregierung auf der einen Seite und das Papier des RKI als oberste Bundesbehörde auf der anderen Seite gebe, könne man kritisieren. Aber die Institutionen deshalb zu kritisieren, sei unangemessen.
Man müsse auch nicht jeden einzelnen Punkt der Auffassungen des RKI teilen, sagte Wüst. „Aber es ist aus meiner Sicht wichtig, dass dem RKI der Respekt entgegengebracht wird, den es verdient.“ Denn das Bundesinstitut habe mit seiner Arbeit in den vergangenen Monaten der Pandemie „viele Menschenleben gerettet“, so der Ministerpräsident.
Nächster Bund-Länder-Gipfel am 7. Januar
Bis zur nächsten Bund-Länder-Konferenz am 7. Januar habe die Bundesregierung zugesagt, konkrete Planungen für das weitere Vorgehen vorzulegen. „Wir werden außerdem über gegebenenfalls notwendige rechtliche Änderungen sprechen müssen und über die Anpassung der wirtschaftlichen Hilfsinstrumente der betroffenen Bereiche.“
Das Fundament des „Schutzwalls gegen Omikron“ seien die beschlossenen Kontaktbeschränkungen, sagte Wüst. Zugleich müsse die Impfkampagne auch im neuen Jahr „mit Hochdruck weiter laufen“, um bis Ende Januar die angestrebten weiteren 30 Millionen Impfungen bundesweit zu erreichen. „Omikron mahnt deshalb mehr denn je zu Entschlossenheit, politischer Führung und zu einem konsequenten und einheitlichen Handeln.“
Virologe Streeck verteidigt Bund-Länder-Beschlüsse
Derweil hält der Bonner Virologe Hendrik Streeck, Mitglied des Corona-Expertenrates der Bundesregierung, die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Eindämmung des Omikron-Variante im Moment für ausreichend. Streeck wies am Dienstagabend im ZDF darauf hin, dass die Inzidenzen in Deutschland - anders als in anderen Ländern - zuletzt immer noch gefallen seien. Deshalb sei es auch gerechtfertigt, dass die geplanten Kontaktbeschränkungen erst nach Weihnachten greifen sollten - und nicht schon während der Feiertage.
Man habe empfohlen, Omikron ernstzunehmen und die erwartete Welle abzubremsen, sagte Streeck am Abend in der Sendung „ZDF spezial“. „Dafür sind die Beschlüsse der MPK erst mal ein guter Weg.“ Falls es nötig sei, könne man auch sehr schnell nachsteuern.
Wüst und Giffey uneins über epidemische Lage
Zudem übte der NRW-Ministerpräsident nach dem Spitzentreffen scharfe Kritik am Beschluss der Ampel-Parteien, die epidemische Notlage nationaler Tragweite auslaufen zu lassen. „Wann, wenn nicht jetzt, haben wir eine epidemische Lage nationaler Tragweite?“, sagte Wüst bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Berlins neuer Regierungschefin Franziska Giffey (SPD). „Insofern ist der Beschluss, dass sie nicht fortgilt, aus meiner Sicht ein klarer Fehler.“
Giffey verteidigte die Entscheidung. „Ich würde hier nicht von einem klaren Fehler sprechen“, entgegnete sie. Es seien viele neue Maßnahmen gegen die Pandemie getroffen worden, und über weitere Maßnahmen werde beim nächsten Spitzentreffen Anfang Januar beraten.
Die vom Bundestag festgestellte epidemische Notlage ist ein Rechtsinstrument, auf deren Grundlage die Regierung viele Maßnahmen gegen die Pandemie erlassen konnte. Die Ampel-Parteien ließen sie Ende November auslaufen. (dpa/AFP)