Düsseldorf. Wer soll all die Auffrischungsimpfungen spritzen? Impfaktionen werden überrannt. Und der Umgang mit Ungeimpften könnte sich ändern.
Angesichts der weiter stark steigenden Corona-Infektionszahlen versuchen die Städte in Nordrhein-Westfalen, die hohe Nachfrage nach Auffrischungsimpfungen in geordnete Bahnen zu lenken. Zugleich nimmt auch in NRW die politische Debatte über eine allgemeine Impfpflicht weiter an Fahrt auf, um den noch immer erheblichen Teil an Ungeimpften in der Bevölkerung schnell zu immunisieren.
Die jüngste Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) an alle Volljährigen, den Schutz vor einer Corona-Infektion nach etwa sechs Monaten durch eine Booster-Impfung aufzufrischen, hat die Kommunen vor eine logistische Herausforderung gestellt. Da die Hausarztpraxen dem Ansturm von Interessierten nicht gewachsen sind und die großen kommunalen Impfzentren Ende September abgebaut wurden, hatten lokale Impfaktionen wie in Dortmund, Bochum oder Mönchengladbach mit großem Andrang zu kämpfen. Vielerorts kamen Interessierte trotz langer Wartezeiten nicht an ihre Spritze.
Köln vergibt Booster-Termine bis Weihnachten
Die Stadt Köln schaltete am Sonntag ein Terminportal frei, um feste Slots für die Booster-Impfung an der Lanxess-Arena bis Ende Dezember zu vergeben. Voraussetzung ist dort allerdings, dass mindestens sechs Monate seit der Zweitimpfung vergangen sind. Die Landesregierung will in den nächste Tagen klären, wie die Städte bei der Impf-Infrastruktur unterstützt werden können. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat bereits deutlich gemacht, dass er Apotheken, Zahn- und Betriebsärzte schnell ins Boot holen will, um die Nachfrage zu befriedigen.
Derweil deutet sich in der Landesregierung bei der Diskussion über eine allgemeine Impfpflicht eine Kurskorrektur an. „Wir lernen einfach, dass wenn ein gewisser Teil der Bevölkerung nicht geimpft ist, dass das Virus zu viele Chancen hat, uns anzugreifen. Und deswegen ist die Debatte über eine Impfpflicht heute eine andere als noch vor drei Monaten“, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dem WDR-Magazin „Westpol“. Er wisse nicht, wie sich die Stimmung entwickelt, so Laumann.
Gibt es bei der Impfpflicht eine Kurskorrektur der NRW-Koalition?
Koalitionspartner FDP hat sich bislang vehement gegen eine Ausweitung der Impfpflicht ausgesprochen. Bislang ist diese nur für Beschäftigte im Pflegebereich vorgesehen. Ansonsten soll die Einführung der flächendeckenden 2G-Regel (geimpft oder genesen) im Freizeitbereich voraussichtlich ab Mittwoch die freiwillige Impfbereitschaft bei den rund vier Millionen noch Ungeimpften in NRW deutlich erhöhen.
Der Virologe Christian Drosten kritisierte am Wochenende die grundsätzliche Ablehnung einer allgemeinen Impfpflicht: „Ein fast vollständiges Schließen der Impflücke ist durch nichts zu ersetzen. Wer das noch nicht kapiert hat, hat es noch nicht kapiert“, schrieb Drosten bei Twitter. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht eingefordert. (mit dpa)