Düsseldorf. Trotz steigender Corona-Zahlen werden die Unikliniken bestreikt. Klinik-Leitungen kritisieren das scharf, Gewerkschaften pochen aufs Streikrecht.

Im Tarifstreit um den öffentlichen Dienst der Länder, geht es, wie in solchen Tarifrunden üblich, um Arbeitsbedingungen und um Geld. Nun aber, angesichts von Streikaktionen in Unikliniken mitten in der vierten Corona-Welle, kochen die Emotionen in den Chefetagen und unter den Klinik-Beschäftigten ungewöhnlich hoch. Die einen sagen, es sei unerhört, ausgerechnet jetzt in der Pandemie Krankenhäuser zu bestreiken. Die anderen fordern das, was sie seit Monaten vermissen: endlich mehr Wertschätzung.

Der Ärztliche Direktor der Uniklinik Essen, Prof. Jochen A. Werner, will zwar nicht das Streikrecht in Frage stellen und betont, dass Pflegende und andere Klinik-Beschäftigte höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen verdient hätten. Aber er wirft der Gewerkschaft Verdi vor, die Gesundheit von Menschen in der Pandemie als „Druckmittel“ zu missbrauchen. „Der Tarifstreit darf auf keinen Fall auf dem Rücken von Patientinnen und Patienten und den schon enorm belasteten Mitarbeitenden in den Kliniken ausgetragen werden“, sagte er dieser Zeitung.

"Wer bestreikt während eines Großbrandes die Feuerwehr?"

Der Chef der Uni-Medizin Essen kann nicht verstehen, warum Kliniken, die Schwerstkranke in einer Pandemie versorgen, zur „Bühne“ von Tarifauseinandersetzungen werden. „Niemand käme auf die Idee, während eines Großbrandes ausgerechnet die Feuerwehr zu bestreiken“, so Werner.

„Es käme auch niemand auf die Idee, während eines Brandes das Wasser abzustellen“, kontert Katharina Schwabedissen, die die Streiks für Verdi in Essen begleitet. Die Beschäftigten leisteten seit Monaten Schwerstarbeit, und die Arbeitgeber hätten bisher „nicht einmal die Tendenz zu einem Angebot“ erkennen lassen.

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Voraussichtlich beteiligen sich fünf Prozent der Belegschaft

Schwabedissen rechnet damit, dass am Dienstag und am Mittwoch am Essener Uniklinikum, wie schon beim ersten Warnstreik im November, rund 300 Streikende auf die Straße gehen. Das entspreche etwa fünf Prozent der Belegschaft, die von dem Tarifstreit betroffen sei. Es gebe eine Notdienst-Vereinbarung, damit kein Patient während des Arbeitskampfes zu Schaden komme.

Nicht nur in Essen, sondern auch in den Unikliniken in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln und Münster werden Beschäftigte die Arbeit niederlegen. In der kommenden Woche reihen sich Mitarbeiter von Universitäten, Staatsanwaltschaften, Bezirksregierungen und weiteren Verwaltungen in die Warnstreiks ein.

OP-Säle werden geschlossen, Eingriffe verschoben

Prof. Werner hält den Schaden, den die Streiks in seinem Hause anrichten, für beträchtlich. Erneut müssten ganze Bereiche der Klinik und zahlreiche OP-Säle geschlossen werden. Patienten würden verlegt, was die Gefahr von Corona-Infektionen vergrößere. Außerdem müssten Operationen schwer kranker Menschen abgesagt werden, die lange auf diese Termine gewartet hätten.

Werner hofft daher auf eine schnelle Einigung der Tarifparteien. „Bei einem längeren Arbeitskampf, gerade inmitten der vierten Corona-Welle, drohen empfindliche Folgen für Patientinnen und Patienten“, warnt er. Gingen die Streiks noch weiter, dann drohe „Gefahr für Leib und Leben dieser Menschen“. Seine Forderung: Die Auskoppelung des Krankenhauspersonals aus den anstehenden Tarifverhandlungen. Eine Fortsetzung des Streiks nach der nächsten Verhandlungsrunde sei „zwingend zu vermeiden“.

DGB kontert: Unverschämter Angriff auf das Streikrecht

Auf die Frage, ob auch sie es furchtbar finde, dass ausgerechnet jetzt Klinik-Mitarbeiter zum Streik gerufen werden, sagte Anja Weber, die NRW-Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) dieser Redaktion: „Ich finde es auch furchtbar, dass die Klinik-Beschäftigten streiken müssen.“

Seit eineinhalb Jahren würden diese Menschen in der Pandemie gefordert, alle hätten für sie geklatscht. „Man hatte viel Zeit für eine echte Wertschätzung, und eine Tarifrunde fällt nicht vom Himmel. Es ist unverschämt zu sagen: Wir haben eine Pandemie, und deshalb dürft ihr euer Grundrecht auf Streik nicht wahrnehmen“, findet Weber. Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt versicherte: „Die Arbeitgeber zwingen uns mit ihrer Blockadehaltung zu einer Reaktion.“

Zeil: Fünf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro

Die Gewerkschaften fordern für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder fünf Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 150 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Beschäftigte des Gesundheitswesens sollen 300 Euro mehr im Monat erhalten, Auszubildende 100 Euro zusätzlich bekommen.

Der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL), der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), hatte die Forderungen mehrfach als unrealistisch zurückgewiesen und auf die Kosten der Pandemie hingewiesen. Verdi und der Beamtenbund dbb treffen am 27. und 28. November in Potsdam zur dritten Verhandlungsrunde mit der TdL zusammen.