Düsseldorf. Manche Einrichtungen sind laut Landesregierung zu 90 Prozent ausgelastet. Die Corona-Vorschriften erschweren die Unterbringung.

Die NRW-Landesregierung berichtet von einer "zunehmend angespannten Belegungssituation" in den Flüchtlingsheimen in NRW. Gründe sind ein Anstieg der Zahl der Asylbewerber und die Corona-Vorschriften in den Flüchtlingsheimen. Ende Oktober lag demnach der Auslastungsgrad -- damit ist die belegbare Kapazität gemeint -- in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) und Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) bei insgesamt 88 Prozent. 

Entwicklung seit Sommer spürbar

"Die Belegungszahlen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und in
den Zentralen Unterbringungseinrichtungen stiegen bereits Ende August sprunghaft an", schreibt NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) in einem Bericht an den Integrationsausschuss. Ende August seien die Heime zu etwa 70 Prozent ausgelastet gewesen.

Danach wurden die Infektionsschutzregeln mit Blick auf die Impf- und Testmöglichkeiten und die damals relativ gute Coronalage in NRW gelockert, um wieder mehr Flüchtlinge in den Heimen unterbringen zu können. Nun aber spitzt sich die Lage zu, und es kommen mehr Asylbewerber, heißt es im Bericht.

Ursachen für die ansteigenden Zugänge nicht nur in NRW, sondern bundesweit seien unter anderem die politische Lage in Afghanistan, Zuwanderung aus dem Westbalkan sowie Zugänge über die Fluchtroute von Belarus über Polen, teilte das Ministerium auf Nachfrage mit. Hauptherkunftsländer seien aktuell Syrien, Irak und Afghanistan.

Laut dem Flüchtlingsrat NRW sind die Kapazitäten schon lange zu gering

Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW sagte allerdings auf Nachfrage, dass die knapper werdenden Kapazitäten akut nichts mit Afghanistan oder Belarus zu tun hätten. "Die Flüchtlingszahlen sind in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen und aufgrund der immer längeren Aufenthaltsdauer in den Landesaufnahmeeinrichtungen kommt es dort zum ,Stau'", so Naujoks.

Seit April 2020 gelte dort die Vorgabe einer Höchstbelegung von 65 Prozent, das seien nur etwa 12.000 aktive Plätze. "Dass diese Kapazitäten nun erschöpft sind, ist nicht verwunderlich. Schlimm dagegen ist, dass nun die Belegung wieder dichter erfolgen soll und das trotz einer sehr geringen Impfqote unter den Bewohnenden", warnt die Expertin.

Asylgesuche in Landes-Erstaufnahme Bochum mehr als verdoppelt

"In der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Bochum hat sich der Gesamtzulauf
spürbar erhöht", erklärt Minister Stamp. Aktuell suchten pro Woche etwa 800 bis 1.000 Personen die LEA auf, um ein Asylgesuch zu äußern. Zum Vergleich: Bis Mitte August sprachen pro Woche laut Landesregierung durchschnittlich etwa 360 Personen in der LEA vor.

Im Januar registrierte NRW insgesamt 1612 Asylsuchende, im August 2630 und im Oktober 3985.

ZUE Weeze wird nun doch weiterbetrieben

Die Bezirksregierungen seien wegen der angespannten Lage aufgefordert worden, in den Einrichtungen in Mönchengladbach-Rheindahlen (EAE) sowie in Borgentreich, Rheinberg und Münster (alle ZUE) "auch über den 31. Dezember 2021 hinaus aktivierbare Kapazitäten bereitzustellen, um eine infektionsschutzgerechte Belegung weiterhin sicherzustellen."

Darüber hinaus werde die ZUE Weeze nicht – wie ursprünglich beabsichtigt – in den
"Standby-Betrieb" zurückversetzt, sondern auch über den 31.Dezember 2021 hinaus mit einer Regelkapazität von 750 Plätzen weiterbetrieben. 

Zum Stichtag 1 November waren dem Bericht zufolge 1.869 Bewohnerinnen und Bewohner über 18 Jahre vollständig geimpft. Dies entspreche einer Impfquote von 21 Prozent.