Essen. Trotz geistlicher Auszeit erhält der Kölner Kardinal Woelki weiter pro Monat 13.700 Euro. Daran gibt es scharfe Kritik.

Die Ankündigung des Erzbistums Köln, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki trotz einer „geistlichen Auszeit“ weiter sein volles Monatsgehalt in Höhe von 13.700 Euro erhält, hat eine Debatte über die Finanzierung kirchlicher Würdenträger in Deutschland ausgelöst. Der Steuerzahlerbund NRW (BdSt) kritisierte den Vorgang um Woelki scharf.

Bischofsgehälter aus Steuermitteln

„Wenn Bezüge fortbezahlt werden, ohne dass die eigentliche Arbeit verrichtet wird, ist das nicht in Ordnung. Die Auszeit kommt einer Freistellung gleich. Diese sollte ohne Bezüge erfolgen, zumal die Bischofsgehälter aus Steuermitteln, also von der Allgemeinheit finanziert werden“, sagte BdSt-Haushaltsexperte Markus Berkenkopf der WAZ. Entlohnt wird Woelki wie ein Oberbürgermeister nach der Besoldungsgruppe B10 für Beamte.

Eine Altersversorgung, von der Durchschnittsrentner nur träumen können

Dass der Kardinal einen Teil seiner Bezüge während der von Oktober bis Anfang März laufenden Auszeit nach eigenen Angaben spenden wolle, ändere nichts, betonte Berkenkopf. „Es geht um den grundsätzlichen Vorgang der Weiterbezahlung. Bischöfe werden bezahlt wie hohe Regierungsbeamte. Wie diese haben sie eine Altersversorgung, von der ein Durchschnittsrentner nur träumen kann“, sagte der BdSt-Sprecher. Die Spenden seien eine freiwillige und individuelle Entscheidung.

Erzbistum widerspricht: Kardinal ist weiter im Amt

Das Kölner Bistum verteidigte dagegen die Weiterbezahlung Woelkis. „Der Erzbischof ist weiterhin im Amt. Eine geistliche Auszeit ist kein Urlaub“, teilte ein Bistumssprecher auf Anfrage mit. Wenn ein Priester beispielsweise Exerzitien mache oder an einer Fortbildung teilnehme, habe das dienstlichen Charakter. „Kardinal Woelki erhält während seiner geistlichen Auszeit daher seine vollen Bezüge weiter.“ Bezahlt wird Woelki

„30-tägige Exerzitien“

Das Bistum bestätigte zudem Medienberichte, wonach Woelki einen erheblichen Teil der in der Auszeit gezahlten Bezüge für Opfer sexualisierter Gewalt spenden wolle. Wie viel Woelki genau spenden werde, teilte das Bistum nicht mit. Im Kölner Domradio hatte Woelki selbst angekündigt, zunächst „30-tägige Exerzitien“ zu machen. Anschließend werde er die Auszeit dazu nutzen, sich in beanchbarten Kirchen etwa in den Niederlanden über Wege der Seelsorge zu informieren.

Woelki steht im Missbrauchsskandal unter Beschuss

Die Nachricht über die bischöfliche Lohnfortzahlung fällt in eine für die Kirche brisante Phase. Woelki steht seit einem Jahr schwer unter Beschuss, weil er Priester seines Bistums, denen Missbrauchsfälle angelastet werden, zu lange vor Konsequenzen geschützt haben soll und zudem ein Gutachten über die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals zurückgehalten hatte. Mehr als 300 durch Missbrauch Betroffene sind der Kirche inzwischen bekannt. Der Umgang der Kölner Bistumsleitung mit dem Missbrauchsskandal hat die katholische Kirche in Deutschland dabei als Ganzes in eine tiefe Vertrauenskrise gestürzt.

Papst verordnete "Zeit des Innehaltens"

Als Reaktion darauf hatte Papst Franziskus dem Erzbischof und dem Bistum Ende September deshalb eine „Zeit des Innehalten“ verordnet. Zum Ärger von Kritikern beließ er Woelki und weitere hohe Kölner Würdenträger allerdings im Amt. Die „geistliche Auszeit“ soll Woelki nach Angaben des Vatikan selbst vorgeschlagen haben. In Kirchenkreisen wird aber vermutet, mit dem Schritt solle Woelki langfristig aus dem Verkehr gezogen werden. Der 65-Jährige Kardinal gilt intern zwar als persönlich integer, aber auch als unnahbar und beratungsresistent.

Staatsverträge, die auf die Weimarer Republik zurückgehen

Die Weiterbezahlung des Bischofs wirft auch ein Licht auf die Finanzierungspraxis hoher Geistlicher in Deutschland und NRW. Sie erhalten ihr Gehalt überwiegend nicht etwa aus der Kirchensteuer, sondern über zusätzliche Landeszuschüsse und- beihilfen in Millionenhöhe. Grundlage dafür sind Staatsverträge, die noch auf die Weimarer Republik zurückgehen. Auch das kritisiert der Steuerzahlerbund. Haushaltsexperte Berkenkopf: „Die Zuschüsse des Landes für die Diözesen werden als staatsrechtsrechtliche Verpflichtung verkauft, die es heute so gar nicht mehr gibt.“

Eines der reichsten Bistümer der Welt

Über Mangel an Finanzmitteln kann sich das Kölner Erzbistum ohnehin nicht beklagen. Mit mehr als 1,8 Millionen Mitgliedern ist Köln nicht nur eines der größten katholischen Bistümer der Welt. Es gilt auch dank einer Jahrhunderte alten Vermögensentwicklung auch als eines der reichsten.

Laut dem aktuellen Finanzbericht von 2020 hat das Bistum allein drei Milliarden Euro in Wertpapieren angelegt. Hinzu kommen Immobilienanlagen in Höhe von über 680 Millionen Euro. Außerdem nahm das Erzbistum im vergangenen Jahr rund 650 Millionen Euro an Kirchensteuern ein.

Das Essener Bistum ist im Vergleich dazu ein armer Schlucker. Zwar leben in der Ruhr-Diözese weniger als halb so viele Katholiken wie im Kölner Gebiet. Als Anlagevermögen verfügen die Essener mit insgesamt knapp 180 Millionen Euro allerdings nur über einen Bruchteil dessen, was die Kölner auf der hohen Kante haben.