Düsseldorf. NRW liegt weit vor allen anderen Ländern bei der Inzidenz. Der Ministerpräident sieht das nicht als Folge politischer Entscheidungen.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sieht die aktuell in Nordrhein-Westfalen stark steigenden Corona-Infektionszahlen nicht als Folge politischer Entscheidungen. „Die Regeln sind überall in Deutschland die gleichen. Sie können es nicht darauf zurückführen, dass es an den Regeln liegt, die gelten“, sagte Laschet am Dienstag bei einer Kabinettspressekonferenz.

Die Corona-Inzidenz steigt in NRW scheinbar unaufhaltsam. Sie lag am Dienstag mit 108,4 Neuinfektionen (pro 100.000 Einwohner/Woche) fast doppelt so hoch wie der Bundeswert (58). Laschet erklärte die Zahlen mit dem Ende der Sommerferien und „besonders verdichteten Räumen“ in der Rhein-Ruhr-Region, wo Millionen in engem Austausch über Stadtgrenzen hinweg auf wenigen Quadratkilometern leben.

"Im Moment haben wir viele Reiserückkehrer"

„Im Moment haben wir viele Reiserückkehrer, und genau bei dieser Gruppe stellen wir auch die Zahlen fest“, so Laschet. Der Anteil der Infektionsfälle mit mutmaßlicher Ansteckung auf Reisen liege bei rund zehn Prozent. Er gehe bundesweit davon aus, „dass diese Welle sich fortsetzt, je nachdem, wo gerade die Schulferien enden“, sagte der Ministerpräsident.  Außerdem gebe es in NRW eine hohe Testintensität: „Wir machen mit die meisten Tests in Deutschland.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach übte Kritik am Umgang mit den Infektionszahlen: „NRW hängt die anderen Bundesländer bei der Inzidenz ab. Die politische Antwort ist einfach nur Schweigen“, schrieb er bei Twitter. Diese Strategie, alles einfach laufen zu lassen, gefährde insbesondere ungeimpfte Kinder, so Lauterbach.

Hohe Zahl an Quarantäne-Anordnungen in Schulen und Kitas

Tatsächlich verzeichnen immer mehr NRW-Kommunen steigende Quarantäne-Anordnungen für Kita- und Schulkinder. Allein in Essen mussten zuletzt rund 550 Kinder in die Isolation geschickt werden, wie eine Sprecherin mitteilte. Laschet erklärte dagegen, NRW habe die Schule „besonders vorsichtig begonnen“ und verwies auf „Lolli-Tests“ mit Laborauswertung in Grundschulen und die fortgesetzte Maskenpflicht in Schulgebäuden.

Bis Ende Juni hätte die aktuelle Corona-Inzidenz von über 100 in NRW noch die Bundesnotbremse ausgelöst. Wegen des Impffortschritts und der weiterhin eher geringen Auslastung der Krankenhäuser mit Corona-Patienten wollen sich Bund und Länder jedoch weitgehend von Inzidenzen als Schwellenwert für Gegenmaßnahmen lösen. Entscheidender soll die Zahl der Krankenhaus-Einlieferungen werden, die sogenannte Hospitalisierung. Welche genauen Parameter dafür künftig greifen, ist jedoch weiter unklar. Mitte Juli lagen in NRW noch 205 Patienten mit einer Corona-Infektion in der Klinik, am Montag waren es schon 845. „Der neue Wert wird die Hospitalisierung sein. Und welcher Wert dann zu welchen Maßnahmen führt, das wird die Bundesregierung jetzt vorschlagen“, erklärte Laschet.