Essen. Ein Kita-Helferprogramm sollte in der Pandemie Fachkräfte unterstützen. Nun ist es beendet - eine Qualifizierungsoffensive läuft nur langsam an.
Die Weiterbildungsoffensive des NRW-Familienministeriums zur Gewinnung von Kita-Kräften erntet von den Grünen im NRW-Landtag und der Gewerkschaft Verdi zunehmend Kritik. Die Offensive sei zu kurzfristig gekommen und könne längst nicht alle erreichen, die von ihr profitieren sollen. Zudem fehlten helfende Hände in den Kitas, die mit der Offensive eigentlichen gehalten werden sollten.
„In diesem Fall kann man nicht einmal mehr von einem Offensivchen sprechen“, urteilt Verdi-Gewerkschaftssekretärin Marlene Seckler. „Das ist eine Nullnummer.“
Nur 16 Berufskollegs können Unterricht für neue Qualifizierung anbieten
In NRW waren bis Ende Juli rund 5000 Alltagshelfer und Alltagshelferinnen in den rundweg 10.000 Kindertageseinrichtungen im Einsatz, um Fachkräften vor Ort bei Corona-bedingten Hygienemaßnahmen zu helfen. Ab August hat das Familienministerium 55 Millionen Euro bereitgestellt, damit die helfenden Hände im System bleiben und sich qualifizieren können. Ein Schwerpunkt ist die neue praxisintegrierte und damit bezahlte Qualifizierungen zur Kinderpflegekraft.
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Wie aus einer noch nicht veröffentlichten Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, hatte die Fachschulen kaum Zeit sich auf die Neuerung einzustellen. Gerade einmal 16 Berufskollegs in NRW können Unterricht für diese neue einjährige Ausbildung anbieten. Fraktionsvorsitzende Josefine Paul nennt die Qualifizierungsoffensive „gut gedacht, aber schlecht vorbereitet“. „Wer mehr Anreize zur Weiterqualifizierung schafft, muss die versprochene Ausbildung auch anbieten können“, urteilt Paul.
Ausbildungskonzepte werden noch erarbeitet
Das Familienministerium selbst spricht von rund 450 Schulplätzen an den 16 Kollegs und in 18 Klassen. „Wir gehen davon aus, dass ein erheblicher Teil der Schülerinnen und Schüler aus dem Kitahelferprogramm kommt“, heißt es aus dem Ministerium. Im Ministerium verweist man auch darauf, dass sich weitere 130 früherer Helfende über einen rund 160 Stunden umfassenden Qualifizierungskurs zu Assistenzkräften fortbilden lassen wollen. Noch unklar ist, wie viele frühere Alltagshelfende zur Fachkraft im Erziehungsberuf umschulen.
In den Kitas fallen die Helfer indes in weiten Teilen komplett weg. Zwar können Städte aus eigenen Mitteln die Unterstützung fortführen - die Umsetzung hängt damit aber von der Finanzlage der Kommune ab. In den städtischen Kitas in Dortmund waren 97 Alltagshelfende im Einsatz. Drei konnten in anderer Funktion bei der Stadt untergekommen. 37 weitere würden gern umschulen lassen – eine Möglichkeit, die der städtische Träger „Fabido“ aber erst 2022 bietet. Das Ausbildungskonzept zur Kinderpflegekraft wird derzeit erarbeitet.
20 von 324 Alltagshelfern für neue Ausbildung gewonnen
Der Kita Zweckverband mit Sitz in Essen, Deutschlands größter privater Kita-Träger, bewertet die Weiterbildungsoffensive positiv. Beim Zweckverband haben 324 Menschen die Alltagshelferstunden abgedeckt, darunter 130 Mitarbeitende, die ihren bestehenden Vertrag aufgestockt haben. 20 Helfer wurden für die neue praxisintegrierte Ausbildung zur Kinderpflegekraft gewonnen. Der Zweckverband unterstreicht, dass die Alltagsunterstützung maßgeblich dazu beigetragen habe, dass die Corona-Hygienemaßnahmen eingehalten werden konnten.
Grünen-Fraktionschefin Paul kritisiert, dass Familienminister Joachim Stamp die Kindertagesstätten mit den weiterhin notwendigen Hygienemaßnahmen alleine. „Fachkräfte in den Kitas sollten sich gerade in der noch immer herausfordernden Zeit auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können und sich nicht noch um Hygienemaßnahmen kümmern müssen“, so Paul.