Düsseldorf. Joachim Stamp (FDP), Vize-Ministerpräsident, fordert mehr Rechte für Geimpfte und warnt vor einer “Angstgesellschaft“ in dieser Corona-Phase.
Die Inzidenzwerte steigen in Deutschland wieder leicht – in NRW am Wochenende auf 7,0. Dennoch nimmt eine bundesweite Diskussion über ein Ende der Coronamaßnahmen Fahrt auf. NRW-FDP-Chef Joachim Stamp schaltete sich am Sonntag in den Streit ein und warnte vor einer Angstgesellschaft: „Die Inzidenz ist nicht mehr aussagekräftig für die Hospitalisierung. Darum gibt es keine Berechtigung, Bürgerrechte einzuschränken, wenn alle Bürgerinnen und Bürger ein vollständiges Impfangebot gehabt haben. Wir dürfen uns nicht in eine dauerhafte Angstgesellschaft entwickeln“, sagte der stellvertretende NRW-Ministerpräsident und NRW-Familienminister dieser Redaktion.
Das gelte gerade auch für die Kinder. Bei den Unter-18-Jährigen habe es - „mit ganz wenigen Ausnahmen“ - keine schweren Verläufe gegeben. „Ich bin nicht bereit, im Kinder- und Jugendbereich wieder Einschränkungen vorzunehmen“, sagte der Politiker.
„Niemand würde wegen Unfallgefahr auf dem Schulweg den Unterricht beschränken"
Stamp weiter: „Niemand käme auf die Idee, wegen Unfallgefahr auf dem Schulweg den Unterricht zu beschränken. So muss es jetzt auch im Umgang mit der Pandemie werden. Wenn wir uns den Eventualitäten mancher Hysteriker beugen, schädigen wir dauerhaft psychisch und physisch eine ganze Generation.“
Hintergrund ist, dass die Inzidenzwerte bundesweit und in NRW wieder leicht steigen. Es mehrten sich aber am Wochenende Stimmen aus der Politik, die dennoch weitere Lockerungen fordern, auch mit Verweis darauf, dass die Inzidenz als Kennziffer nicht mehr geeignet sei.
"Inzidenzstufe Null" bringt viele Lockerungen der Corona-Maßnahmen
Ähnlich wie Stamp äußerte sich am Wochenende zum Beispiel Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU): „Wenn alle ein vollständiges Impfangebot erhalten haben und die Impfung vor schweren Verläufen auch neuerer Varianten schützt, müssen wir unsere Corona-Maßnahmen schrittweise wieder zurücknehmen“, sagte er der „Welt am Sonntag. Vergleichbare Standpunkte vertreten Außenminister Heiko Maas (SPD) und CSU-Generalsekretär Markus Blume.
In NRW gilt seit Freitag eine neue „Inzidenzstufe Null“ mit vielen Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Acht Kommunen lagen am Sonntag bei der Inzidenz über Grenzwert zehn, darunter Düsseldorf, Köln, Hamm und Oberhausen. Die Rückstufung in Inzidenzstufe 1 erfolgt jedoch erst, wenn der Wert von zehn acht Tage infolge überschritten wird. Das NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) argumentiert damit, dass "in diesem Zahlenbereich schon sehr kleine Infektionsausbrüche relevante Schwankungen verursachen können". Bei einem "dynamischen Anstieg, der nicht lokal begrenzt ist", könne das MAGS die Inzidenzstufe aber auch schon nach drei Tagen des Überschreitens wieder hochsetzen.