Düsseldorf. Beleidigt, bedroht, geschlagen: Zugbegleitern werde in der Pandemie “einiges zugemutet“, heißt es in einem Sicherheitsbericht.

Die Nahverkehrsunternehmen in NRW haben große Mühe, die Maskenpflicht und andere Corona-Maßnahmen in den Zügen durchzusetzen. Viele Zugbegleiter wurden im vergangenen Jahr im Dienst angepöbelt, bedroht oder sogar geschlagen. Der erste Sicherheitsbericht zum Öffentlichen Nahverkehr beschreibt „zunehmende Respektlosigkeit und steigende Aggressivität“ gegenüber dem Personal in Pandemiezeiten.

Ob DB Regio, Abellio, Eurobahn oder andere Anbieter– die Einschätzungen zur gereizten Stimmung in Regional- und S-Bahnen ähneln sich. Die Eurobahn nennt es „besorgniserregend“, dass die Zahl der Übergriffe angestiegen sei, obwohl pandemiebedingt viel weniger Fahrgäste unterwegs seien. Die Kundenbetreuer litten unter „erheblichen Aggressionen“.

Fast 40.000 "sicherheitsrelevante Vorgänge"

39.196 „sicherheitsrelevante Vorgänge“ wurden im vergangenen Jahr insgesamt im Schienen-Nahverkehr in NRW gezählt, darunter allein 5739 Ordnungswidrigkeiten zwischen September und Dezember in Zusammenhang mit Menschen, die sich weigerten, in Bahnen und auf Bahnhöfen eine Maske zu tragen. Erstmals wurde im Jahr 2020 eine entsprechende „Sicherheitsdatenbank“ mit Daten, zum Beispiel zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, gefüttert.

Gerade die Maskenpflicht habe viel „Konfliktpotenzial“, bestätigt DB Regio, die intern 16 Prozent mehr Sicherheits-Vorgänge aller Art registrierte, die Eurobahn sogar „250 Prozent“ mehr im Vergleich zu 2019.

Bundespolizei: "Gesteigerte Reizbarkeit der Reisenden"

Laut National Express mussten einzelne Mitarbeiter nach Begegnungen mit aufgebrachten Fahrgästen ärztlich behandelt werden. „Das Personal fühlte sich deshalb zunehmend unsicher auf den Zügen“, so das Unternehmen. Viele Gesellschaften versuchen -- im Rahmen ihrer Möglichkeiten - mehr Personal einzusetzen. Die Nordwestbahn spricht von einer „Verschärfung der allgemeinen Lage“ und bilanziert: „Bedingt durch die Coronakrise und aufgebrachte Fahrgäste wurde dem Zugpersonal einiges zugemutet.“

Gestützt werden diese Einschätzungen durch Beobachtungen der Bundespolizei: Die Coronaregeln hätten generell zu einer „gesteigerten Reizbarkeit der Reisenden“ geführt, heißt es dort.

Dem Bericht zufolge fühlten sich die Kunden offenbar sicherer als das Zugpersonal. Deren Sicherheitsempfinden in S-Bahnen und Regionalexpresszügen habe sich im Vergleich zu 2019 kaum verändert. „Die Fahrgäste fühlen sich sicher im Nahverkehr“, behauptet das NRW-Verkehrsministerium. Laut Landesregierung wurden 2020 im Gebiet des Verkehrsverbundes VRR deutlich mehr Sicherheitskräfte eingesetzt. Die Videotechnik an Bahnhöfen werde bis 2024 stark ausgebaut.