Düsseldorf. Künstliche Intelligenz kann strafbare Bilder mit 92-prozentiger Zuverlässigkeit aus riesigen Datenbergen herausfiltern. Das spart Zeit.
Die NRW-Justiz will im Kampf gegen Kinderpornografie verstärkt auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz setzen. Bei einem Forschungsprojekt mit der zentralen Staatsanwaltschaft für Cyber-Kriminalität in Köln (ZAC) und dem Software-Unternehmen Microsoft habe man in gut eineinhalb Jahren ein „weltweit einmaliges“ Instrument zur beschleunigten Bildauswertung erprobt, sagte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Dienstag. Damit werde die Ermittlungsarbeit revolutioniert, weil in großer Geschwindigkeit aus riesigen Datenmengen mit 92-prozentiger Sicherheit automatisch strafbare Bilder herausgefiltert würden.
Bei den großen Strafverfahren wegen Kindesmissbrauchs und Kinderpornografie stellen die Ermittler auf Handys, Laptops und Festplatten in der Regel gewaltige Datenmengen sicher. Die Schwierigkeit besteht darin, schnell Missbrauchsdarstellungen herauszufiltern und zu kategorisieren. Zum einen geht es darum, noch laufende Verbrechen an Kindern möglichst schnell zu stoppen. Zudem müssen Verdächtige nach maximal sechs Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen werden, wenn bis dahin keine Anklage erhoben werden kann.
Künstliche Intelligenz kann die menschliche Bewertung nicht ersetzen
Die Künstliche Intelligenz könne zwar nicht die menschliche Bewertung des Materials ersetzen, aber durch die Vorsortierung eine entscheidende Zeitersparnis bringen, erklärte ZAC-Leiter und Oberstaatsanwalt Markus Hartmann. Bislang sind zwar erst drei Staatsanwälte in NRW in der Lage, mit der neuen Technik umgehen. Justizminister Biesenbach plant jedoch einen schnellen Start in den Regelbetrieb und eine enge Abstimmung mit der Polizei, deren eigene Bilderkennungsdienste in Großverfahren klug ergänzt werden sollen. Die entsprechende Ausschreibung für den Praxisstart sei bereits erfolgt, erklärte Biesenbach.
Die Besonderheit des Forschungsprojekts besteht in der Cloud-Lösung mit dem Software-Riesen Microsoft. Sichergestellte Bilddateien werden dabei in mathematische Formeln umgerechnet und dann von externer Künstlicher Intelligenz auf kinderpornografische Inhalte hin überprüft. Die Umrechnung ist notwendig, da kinderpornografische Inhalte nicht an Dritte weiterverbreitet werden dürfen – auch nicht von der Staatsanwaltschaft in bester Absicht an ein Software-Unternehmen. Nach der Auswertung bekommt die Justiz dann eine Rückmeldung, bei welchen Filmen es sich um strafbares Material handelt.
Taskforce ermittelt in 1600 Verfahren gegen 1800 Beschuldigte
Durch die Cloud-Lösung müsse die Justiz auch keine neuen Großrechner anschaffen, sondern könne beliebig große Mengen an Fotos und Videos bewerten lassen, so Biesenbach. Der Bedarf ist offenbar groß: Allein die nach dem Missbrauchsskandal von Bergisch Gladbach eingerichtete „Taskforce Kindesmissbrauch“ der NRW-Justiz ermittelt inzwischen in 1600 Verfahren gegen 1800 Beschuldigte.