Düsseldorf. Weil immer wieder Impf-Termine nicht genutzt werden, fordern die Städte ein Umdenken. Eine “widersinnige Situation“ gehöre aufgelöst.

Immer mehr NRW-Kommunen sehen wegen der Zurückhaltung gegenüber dem Astrazeneca-Impfstoff Handlungsbedarf. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) forderte mehr Flexibilität bei der Impf-Reihenfolge: „Finden sich aus der aktuell priorisierten Impfgruppe nicht genügend Abnehmer, müssen wir unverzüglich Personen aus nachfolgenden Gruppen das Angebot zur Impfung machen dürfen“, sagte er unserer Redaktion. Link sprach von einer „widersinnigen Situation“: Auf der einen Seite gebe es unzählige Menschen, die sich lieber heute als morgen impfen lassen wollten und auf der anderen Seite bleibe in der priorisierten Gruppe Impfstoff liegen.

Auch aus Essen hieß es am Freitag, dass man mehr Impfdosen von Astrazeneca abrufen und verimpfen könne, „wenn insbesondere die Prioritäten für die Berufsgruppen erweitert würden“, so eine Stadtsprecherin. Kita-Mitarbeiter und Grundschullehrkräfte etwa könnten in Essen zügig geimpft werden, wenn das Land das schnell mit einem neuen Erlass regele. Zudem müsse die Astrazeneca-Impfung durch Hausärzte für Ende März vorbereitet werden.

Laschet: In NRW gibt es keine Bedenken gegen Astrazeneca

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte am Dienstag überraschend erklärt: „All die Meldungen, die Leute wollten kein Astrazeneca und haben Bedenken, lassen sich für Nordrhein-Westfalen nicht bestätigen.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) regte dagegen an, die Impf-Prioritäten zu überdenken, damit man nicht auf einem „Berg von Astrazeneca-Impfdosen“ sitzenbleibe. Das britische Vakzin soll zwar Menschen unter 65 Jahre gut gegen Corona schützen, hat aber wegen angeblicher Nebenwirkungen wie Fieber ein Imageproblem.

Im Dortmunder Impfzentrum wird Astrazeneca nur donnerstags verimpft. Von den eingeladenen Pflegedienst-Mitarbeitern erschienen 17 Prozent nicht zum Termin. „Über die Gründe können wir nichts sagen“, so eine Stadtsprecherin.

RKI-Chef: Lieber Kopfschmerzen und Fieber als Corona

Gelsenkirchen meldet ebenfalls „eine gewisse Zurückhaltung bei der Impfbereitschaft mit Astrazeneca“. Von knapp 1900 Dosen wurden dort nur gut 1000 gespritzt. Die berechtigte Personengruppe buche weniger Termine, erklärte ein Sprecher. Mit Nachrückern schaffte es die Stadt bislang jedoch, alle vorbereiteten Impfdosen zu nutzen.

Allein im Impfzentrum Köln stapelten sich bis zur Wochenmitte schon 5000 Dosen. Es gibt aber auch andere Beispiele: Bochum etwa taxiert die Zahl nicht wahrgenommener Impf-Möglichkeiten „unter 10 Prozent“. Wenn Termine ausfallen, versucht die Stadt, über die Feuerwehr oder andere Berufsverbände alternative Personen mit Berechtigung zu finden.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hat am Freitag um Vertrauen für den Astrazeneca-Impfstoff geworben. Obwohl er bei Personen zwischen 18 und 64 Jahren gut wirken soll, sind spürbare Immunreaktionen gefürchtet. „Besser ein, zwei Tage Kopfschmerzen, als diese verdammte Krankheit zu kriegen“, sagte Wieler.