Düsseldorf. Die Krankenhausgesellschaft mahnt nach einem Jahr Corona-Krise zur Vorsicht bei Strukturreformen: Auch die kleine Klinik sei wichtig.
Die Kliniken in NRW warnen davor, im Zuge der geplanten großen Krankenhausreform leichtfertig Häuser zu schließen. Die Menschen in Ruhrgebiet und in Südwestfalen müssten weiter ein gutes Angebot in ihrer Nähe haben. Das sei eine der wichtigen Lehren aus der Corona-Pandemie, sagte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, im Interview mit dieser Redaktion.
Mit der Krankenhausreform, die in den kommenden Monaten Gestalt annehmen soll, betrete NRW „absolutes Neuland“, so Brink. „Eine wichtige Erkenntnis aus der Krise ist, dass wir Reserven für Notsituationen brauchen und dass die Wege der Patienten zur Klinik kurz sein müssen. Das darf nicht auf der Strecke bleiben“, sagte er. Der angedachte Weg zu einer größeren Spezialisierung von Kliniken dürfe nicht dazu führen, dass ein kleines Krankenhaus, das für die Grundversorgung der Menschen wichtig ist, nicht überleben könne.
Klinikschließungen im Revier? "Da muss man vorsichtig sein"
Im Ruhrgebiet gebe es zwar viele Kliniken, das sei aber kein Grund für Schließungen. „Da muss man vorsichtig sein“, meint Brink. „Das Ruhrgebiet ist eine Metropolregion. Andere Regionen dieser Art wie Hamburg und Bremen haben auch eine hohe Krankenhausdichte, weil viele Menschen aus dem Umland dort hinkommen. Wir müssen zunächst herausfinden, wo die Patienten in den Revier-Krankenhäusern herkommen: Aus dem Ruhrgebiet? Aus Sauer- und Münsterland, weil sie die gute Versorgung im Revier schätzen?“ Bevor das nicht ausgeleuchtet sei, könne man nicht behaupten, das Ruhrgebiet habe zu viele Krankenhäuser“, warnt der KGNW-Chef.
Bei der Klinikplanung müssten die Besonderheiten des Ruhrgebietes gewürdigt werden. „Hier leben 30 Prozent der NRW-Bevölkerung auf 13 Prozent der Landesfläche. Manche Krankheiten dort hängen eng mit dem industriellen Erbe der Region zusammen. In Bayern gibt es solche Krankheitsbilder nicht in dem Ausmaß“, so Brink. Das müsse jede Kürzungsphantasie relativieren. „Und in den ländlichen Regionen wie dem Sauerland oder Südwestfalen muss eine wohnortnahe Versorgung der entscheidende Maßstab sein.“
Impfkampagne für medizinisches Personal muss schnell fortgesetzt werden
Die Verantwortlichen in den Kliniken des Reviers sollten auf jeden Fall die Chance haben, eigene Vorschläge zu machen. „Es muss ja beispielsweise nicht sein, dass es in einer mittelgroßen Stadt vier Herzkatheterlabore gibt, die alle dasselbe machen.“
Die Krankenhausgesellschaft dringt auch auf eine rasche Fortsetzung der Impfkampagne in den Kliniken. Die Enttäuschung wegen der tagelangen Impfpause sei unter Ärzten und Pflegern groß.