Essen. In einer Umfrage erklären Tageseltern in NRW, dass 77 Prozent der Kinder trotz Pandemie zu ihnen kommen. Sie fordern Schutz und Aufmerksamkeit.

Sie sind enge Bezugspersonen für die Kleinsten in einer Zeit, in der Abstand genommen werden sollte: Die rund 15.500 Tageseltern in NRW sind in der Pandemie besonders gefordert. Wie aus einer Umfrage des Netzwerks Kindertagespflege NRW hervorgeht, beanspruchen Eltern die Kindertagespflege trotz der Appelle aus der Politik sehr viel häufiger als eine Kita.

Mehr als 77 Prozent der Tagespflege-Kinder besuchten demnach Mitte Januar und damit im aktuellen Lockdown ihr Pflegenest. In den Kitas lag die Betreuungsquote zuletzt bei etwa jedem dritten Kind.

Tagesmutter: „Land schiebt uns und den Eltern den Schwarzen Peter zu“

Tanja Böttcher, Sprecherin des Netzwerks, kritisiert, die Landesregierung wälze Verantwortung ab und habe Tageseltern nicht ausreichend im Blick. „Das Land schiebt uns und den Eltern den Schwarzen Peter zu“, ärgert sich Böttcher. „Wir brauchen eine andere Lösung in der Frage, welche Kinder betreut werden können. Derzeit sind die Einrichtungen zu offen.“

In NRW sind die Kitas und Tagespflegen zwar geöffnet. Allerdings sollen Eltern ihre Kinder möglichst zu Hause zu betreuen. Wer dies nicht tun, muss keine Bescheinigung vom Arbeitgeber vorlegen.

Laut NRW-Umfrage, an der sich rund 3440 Tageseltern beteiligt haben, nutzt rund ein Drittel der Eltern die Tagespflege in der Pandemie, weil beide berufstätig sind. Darunter fallen auch Alleinerziehende. Genannt wurden auch familiäre Überlastung oder der Wunsch, dass ein Kind mit Gleichaltrigen spielen kann. In knapp neun Prozent der Tagespflegen haben einzelne Eltern offenbar erklärt, dass sie Kontaktbeschränkungen überflüssig finden. 

Tageseltern betreuen 69.000 Kinder in NRW

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Böttcher sieht einen Grund für die hohe Betreuungsrate in der Beschaffenheit der Tagespflege: In NRW werden in Nicht-Pandemiezeiten rund 69.000 Kinder unter drei Jahren in Kleinstgruppen betreut – Kinder, die kaum nebenbei im Homeoffice zu beaufsichtigen seien. Das Verhältnis zu Eltern sei oft enger als in einer Kita, in der große Träger aber anders auftreten könnten als es selbstständigen Tageseltern können. Manche Eltern, längst nicht die Mehrheit, nehme sich da mehr heraus, heißt es.  

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Das Netzwerk fordert mehr Verständnis und Unterstützung: „Wir kommen unserer Verantwortung gern nach, aber das funktioniert nicht ohne Schutzmaßnahmen“, sagt Böttcher. Kranke, symptomatische Kinder müssten auf Corona getestet werden. Kinder, deren Geschwister als Kontaktpersonen in Quarantäne sind, müssten zudem zu Hause bleiben. Laut AOK waren Beschäftigte in der Kinderbetreuung bis Oktober 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen.

Neun von zehn Tageseltern fühlen sich stark belastet

In der Umfrage machen die rund 3440 Antwortenden auch auf ihre eigene familiäre Situation aufmerksam. Neun von zehn Befragten berichten von Be- und Überlastung. Tagespflegekinder werden oft im eigenen Haushalt betreut. Das erhöht nicht nur die Sorge vor Ansteckungen und zu vielen Kontakten. Partner arbeiten im Homeoffice oder eigene Kinder müssen nebenan in der Videokonferenz lernen.