Essen. Im zweiten Lockdown ist die Luft bei Kita-Eltern in NRW raus. Vertreter sorgen sich ums Miteinander und fordern einen Runden Tisch.
In dieser Woche haben Bund und Länder beschlossen, dass Kitas und Schulen bis Mitte Februar geschlossen bleiben. NRW geht weiter einen eigenen Weg: Die Kindertagesstätten bleiben im sogenannten Pandemiebetrieb geöffnet. Eltern sollen ihre Kinder aber nur bringen, wenn es nicht anders geht. Nach Landesangaben kommt mehr als jedes dritte Kita-Kind in die Einrichtungen - zu viele, finden Gewerkschaften.
Daniela Heimann (41) ist die Vorsitzende des Landeselternbeirats und vertritt damit Eltern der Kita-Kinder in NRW. Die Mutter einer vierjährigen Tochter spricht über die Stimmung der Eltern, Druck und Entgegenkommen der Kitas und ihre Sorge, dass der Ton untereinander schärfer geworden sei.
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Frau Heimann, der Pandemiebetrieb in NRW-Kitas wird bis zum 14. Februar verlängert. Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht für die Eltern im Land?
Eine gute. Der Pandemiebetrieb bedeutet ja, dass die Eltern entscheiden, ob sie ihr Kind in die Kita geben oder zu Hause betreuen können. Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg.
NRW appelliert weiterhin an Eltern, ihre Kinder möglichst selbst zu betreuen. Wie groß ist der Druck bislang auf sie, das zu tun?
In Einzelfällen gibt es Hinweise, dass Eltern wieder und wieder gefragt werden, warum sie denn nun eine Betreuung benötigen. NRW-Familienminister Stamp hat aber richtigerweise noch einmal an die Einrichtungen appelliert, dass private Gründe nicht zu hinterfragen sind. Eltern müssen keine Rechenschaft ablegen.
Sie müssen aber weiterhin auf zehn Stunden Kita-Betreuungszeit in der Woche verzichten. Wie gut klappt das bisher?
Eltern, die eine vollumfängliche Betreuung brauchen, mussten natürlich viel organisieren. In der Summe hat das aber ganz gut funktioniert. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch nachvollziehbar, wenn an dieser Einschränkung in NRW jetzt noch nichts geändert wird. Den Fachkräften bietet diese Stundenreduzierung eine Entlastung. Allerdings wünschen wir uns, dass in Einzelfällen sorgfältig geprüft wird, ob auch mehr Betreuungsumfang angeboten werden kann. Manche Familien sind darauf angewiesen.
Im Schnitt kommt mehr als jedes dritte Kind. In Kitas ist die Klage groß, das sei kein Pandemiebetrieb.
Die Auslastung zeigt, wie groß der Bedarf ist. Die Eltern bringen die Kinder nicht, weil sie das einfacher finden, sondern weil die Betreuung anders nicht zu gewährleisten ist. Das wird in den Familien abgewogen und macht sich keiner leicht. Wir nehmen übrigens auch wahr, dass erste Einrichtungen jetzt auf Eltern zugehen und die Betreuung wieder im gebuchten Umfang anbieten, weil ausreichend Personal vorhanden ist.
Wie ist die Stimmung nach mehr als einem Monat Lockdown unter den Eltern?
Der Tonfall ändert sich insgesamt gerade. Eltern, Gewerkschaften und Fachkräfte sind mit deutlicheren Worten unterwegs als noch im ersten Lockdown. Manche Eltern haben den Eindruck, ihre Kinder seien in der Kita unerwünscht. Fachkräfte wiederum äußern sich öffentlich zu ihrer Sorge um ihre eigene Gesundheit, und die Gewerkschaften gucken auf andere Bundesländer und fordern andere Modelle für NRW. Dabei wird der Ton schärfer, die Fronten verhärten sich. Darauf schauen wir sorgenvoll, weil wir jetzt und auch nach der Krise ein Miteinander dringend brauchen.
Was braucht es, um zu vermitteln?
Wir brauchen einen Runden Tisch mit Trägern, Eltern und Gewerkschaften. Wir müssen einen offenen Dialog miteinander über die bestmögliche Lösung für die aktuelle Krise führen und schon jetzt gemeinsam gucken, wie es nach dem Lockdown schrittweise weitergehen kann. Wir merken, dass die Luft bei einigen Eltern raus ist. Die Betreuungsquote in den Kitas wird weiter steigen, weil viele aus dem Frühjahr wissen, je länger der Lockdown dauert, umso schwieriger wird die Organisation zum Beispiel von Betreuung und Arbeit zu Hause.
Wie lange halten die Eltern noch durch?
Ich persönlich arbeite derzeit auch nachmittags und am Abend, weil das tagsüber neben der Betreuung nur eingeschränkt möglich ist. Jeder kann sich ausmalen, dass so etwas irgendwann an die Substanz geht. Bis Mitte Februar bekommen Eltern die Situation zum Beispiel mit den Kinderkrankheitstagen noch überbrückt, aber dann brauchen wir eine andere Lösung.
Wie schlägt sich Familienminister Stamp in der Corona-Krise?
Er hat selbst Kinder und kann sich gut in unsere Lage versetzen. Er spricht viel davon, dass er Entwicklungsschäden bei Kindern vermeiden und Kinder in ihren Rechten nicht beschneiden will. Aus Elternsicht macht er das gut.