Düsseldorf. Bayern macht das Tragen von FFP2-Masken zur Pflicht. NRW-Gesundheitsminister Laumann ist skeptisch. Apotheker plädieren dafür. Ärztin warnt.

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Die in Kürze in Bayern geltende Verschärfung der Maskenpflicht hin zu Masken mit dem Schutzstandard "FFP2" findet auch in NRW Unterstützer. Während Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sich skeptisch gibt, plädiert der Apothekerverband Nordrhein dafür, FFP2-Masken auch hierzulande in Bus und Bahn oder beim Einkaufen zur Vorschrift zu machen. Und nicht nur dort.

"Auch in Betrieben mit mehreren Beschäftigten sollte das Tragen von FFP2-Masken Standard werden", sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. "Anders als Stoff- oder Einfachmasken bieten FFP2-Masken auch einen Eigenschutz gegen eine Corona-Übertragung", sagt Preis: "Bis zu 94 Prozent der Aerosole werden bei FFP2-Masken ausgefiltert."

FFP2-Masken: Laumann warnt vor falschem Sicherheitsgefühl

In Bayern muss nach einem Beschluss des Landeskabinetts von kommender Woche an in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr eine FFP2-Maske getragen werden. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) begründete dies damit, dass FFP2-Masken den Träger selbst besser schützten als herkömmliche Masken.

NRW-Gesundheitsminister Laumann sieht eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske beim Einkaufen und im Nahverkehr bisher skeptisch. „FFP2-Masken können zwar eine etwas höhere Sicherheit bieten - aber auch nur, wenn sie richtig getragen werden“, sagt Laumann. Eine falsch aufgesetzte Maske könne aufgrund eines falschen Sicherheitsgefühls das Risiko einer Übertragung sogar erhöhen. „Eine Pflicht zum Tragen dieser Masken muss daher sehr gut geprüft werden“, meint der Minister. Mit der gleichen Argumentation hatte sich Laumann im Frühjahr 2020 in der damaligen Diskussion um eine bundesweite Maskenpflicht geäußert - am 29. April 2020 war sie dann da.

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Nur korrekt getragen bringen FFP2-Masken mehr Schutz

Die Grünen in NRW warnten am Donnerstag laut einem Medienbericht vor "Schnellschüssen": Es müsse erst sichergestellt sein, dass FFP2-Masken in NRW flächendeckend und in ausreichender Menge verfügbar seien, bevor sie zur Pflicht gemacht werden könnten. Man halte derartige Masken im Nahverkehr und in Geschäften jedoch für "generell sinnvoll". Menschen mit geringem Einkommen müssten jedoch kostenlos solche Masken bekommen. Die SPD im NRW-Landtag äußerte sich ähnlich.

"Mit FFP2-Masken kann das Infektionsrisiko vermindert werden - zusammen mit den anderen Maßnahmen zum Coronaschutz wie Abstand, Handhygiene und Lüften", sagt Christof Asbach, Aerosolforscher aus Duisburg und Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung. Dieser Schutz aber gilt nur, wenn eine Maske korrekt getragen wird, sagt Asbach: "Schließt die Maske nicht dicht am Gesicht ab, entstehen Leckageströmungen, mit denen Partikel - und damit gegebenenfalls auch Viren - ungefiltert entweichen. Derartige Leckagen sind beispielsweise bei Bartträgern unvermeidlich", mahnt Asbach.

Krankenhaus-Hygienikerin gegen FFP2-Masken als Standard

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Für Birgit Ross, Leiterhin der Krankenhaushygiene am Uniklinikum Essen sind FFP2-Masken als Alltags-Standard nicht notwendig: "Ich gehe nicht davon aus, dass man etwa beim Einkaufen einem vergleichbaren Risiko ausgesetzt ist, wie beim direkten Umgang im Krankenhaus mit einem Corona-Patienten". Am Uniklinikum Essen gebe es keine generelle FFP2-Maskenpflicht, sondern nur in Bezug auf bestimmte Tätigkeiten im Umgang mit Patienten. "In vielen Fällen reicht eine normale OP-Maske", sagt Ross.

Dass FFP2-Masken meist besser vor Corona schützten, als andere Masken sei unbestritten, sagt Ross. Solche dicht abschließenden Masken zu tragen, könne jedoch zu Atemproblemen führen. "Auch manche Krankenhausmitarbeiter bei uns berichten über Beklemmungs-Gefühle", berichtet Ross. "Wie weit jemand eine solche Maske verträgt, ist sehr individuell", sagt die Hygiene-Expertin. FFP2-Masken würden zudem dem Arbeitsschutz entstammen und seien in manchen Handwerksberufen Vorschrift. Die entsprechenden Richtlinien sehen nach 45 Minuten Tragezeit eine ''Atempause" vor, erklärt Ross.

Drogeriemarktkette "dm": Abrupt gestiegene Nachfrage nach FFP2-Masken

Die FFP2-Pflicht in Bayern hat im Handel unterdessen Auswirkungen auch in NRW, sagt eine Sprecherin der Drogeriemarktkette dm: "Aufgrund der aktuellen Anforderungen in Bayern und der dort abrupt gestiegenen Nachfrage ist es möglich, dass an vielen Standorten und auch in unserem Onlineshop FFP2 Masken temporär ausverkauft sind." Auch im Ruhrgebiet meldete der Online-Filialfinder der Drogeriekette in mehreren Filialen bei der Suche nach FFP2-Masken "Momentan nicht verfügbar".

Preise von FFP2-Masken varriieren im Internet stark: Je nach Packungsgröße finden sich Masken zum Stückpreis von 30 Cent bis zu drei Euro. "Die Deklaration von Mund-Nase-Masken ist nicht verbraucherfreundlich. Es ist selbst für Fachleute eine Herausforderung, die Verkehrsfähigkeit von FFP2-Masken zu beurteilen", bemängelt Thomas Preis. Auch der Duisburger Aerosol-Forscher Christof Asbach hebt hervor, "für den Verbraucher sind die Unterschiede (der sogenannten Abscheideleistung von Schutzmasken; Red.) in der Regel nicht ohne weiteres ersichtlich".

FFP2-Masken mehrfach verwenden? RKI zieht Empfehlungen zurück

Unterdessen heißt es bei der Drogeriekette dm, "wir bereiten uns deutschlandweit auf eine erhöhte Nachfrage unserer Kunden vor", erklärt eine Sprecherin: "Je konkreter und vorausschauender die Anordnungen der Politiker sind, desto besser können wir die Menschen versorgen." Versorgungsengpässe sieht Apotheker Thomas Preis derzeit nicht. "Die gab es nur in den ersten Monaten nach Beginn der Corona-Pandemie", sagt Preis. Das Robert-Koch-Institut hat seine Empfehlungen zum mehrfachen Gebrauch von FFP2-Masken deshalb zuletzt zurückgezogen. Das entsprechende online nach wie vor abrufbare Dokument (externer Link) sei "aktuell nicht gültig".

Apotheker Thomas Preis rät Kunden deshalb klar davon ab, FFP2-Masken nach Gebrauch zu desinfizieren oder sie etwa im Backofen zu erhitzen um Viren vermeintlich abzutöten: "Dann ist die Funktion solcher Masken nicht mehr gewährleistet", warnt Preis. Gleichwohl ließen sich FFP2-Masken bei entsprechender Sorgfalt mehrmals verwenden - "etwa, wenn man sie am Tag nur ein oder zwei Stunden trägt", sagt Preis: "Dann kann man sie auch mehrere Tage hintereinander nutzen. Sie sollten zwischendurch aber luftig gelagert werden". Letztlich seien FFP2-Masken jedoch Einwegmasken, sagt Preis.

Aerosol-Partikel: Auch FFP2-Masken haben ihre Grenzen

Aus Sicht der Aerosolforscher sind Mund-Nase-Masken vor allem dort sinnvoll, wo viele Menschen zusammenkommen und der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, sagt Christof Asbach: Allerdings hätten auch FFP2-Masken, die aus einer Vielzahl sich überlagender Fasern mit winzig kleinen Zwischenräumen bestehen, ihre Grenzen, nicht nur wenn sei falsch getragen werden und deshalb an den Rändern nicht dicht sind: "Kleine und große Partikel (werden bei FFP2-Masken; Red.) sehr effizient zurückgehalten. "Abscheidungen bei mittleren Partikelgrößen - meist im Bereich 0,2 bis 0,4 Mikrometer - könnten jedoch so klein sein, dass "die Effizienz für diese Partikelgrößen mitunter erheblich unter 94 Prozent liegen (kann)", sagt Asbach.

Selbst dann aber ließen sich durch FFP2-Masken die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung noch beeinflussen: "Hinsichtlich der Partikeldeposition im Atemtrakt ist zu bedenken, dass die Partikelgröße, die am stärksten durch eine FFP2-Maske hindurchtritt, gleichzeitig diejenige ist, die am wenigsten im Atemtrakt deponiert und zu einem großen Teil wieder ausgeatmet wird", sagt der Aerosolforscher.

Warnung vor FFP2-Masken mit Ventil: Kein Schutz für Außenstehende!

Apotheker Thomas Preis warnt unterdessen, dass es auch FFP2-Masken gibt, die höchst problematisch sind: "Von FFP2-Masken mit Ventil ist abzuraten. Sie schützen alleine den Träger, nicht aber andere Personen im Umfeld, weil die Atemluft ungefiltert ausgestoßen wird." Dennoch seien solche Masken auch in Apotheken erhältlich, gibt Preis zu. Sie würden jedoch nur Personen empfohlen, die sich selbst möglichst optimal schützen wollen, "denen ein solcher Mund- und Naseschutz ohne Ventil große Atemprobleme bereitet."

Aerosolforscher Christof Asbach bestätigt die Warnung: Wer nicht infizierten Menschen seien FFP2-Masken mit Ventil letztlich kein Problem. Wer jedoch weiß, dass er mit Corona infiziert ist, handelt aus Sicht von Asbach "rücksichtslos bis kriminell, wenn man dann eine solche Maske trägt".