Essen. Wirkstoff aus der Süßholzwurzel tötet Viren in der Zellkultur ab. Klinische Studien am Menschen stehen aber noch aus

Der natürliche Stoff Glycyrrhizin aus der Süßholzwurzel ist nach Forschungsergebnissen Essener Mediziner ein möglicher Wirkstoff gegen das Coronavirus Sars-Cov2. In Zellkulturversuchen zeigte sich, dass der Wirkstoff stark antiviral gegen das Virus wirkt, teilt das Uniklinikum Essen mit. Glycyrrhizin wird unter anderem zur Herstellung von Lakritz verwendet. Eine Überprüfung der Wirksamkeit am Menschen in klinischen Studien stehe derzeit aber noch aus.

Die Wissenschaftler der Klinik für Infektiologie am Uni-Klinikum Essen beobachteten zunächst die antivralen Effekte von Tee aus getrockneten Süßholzwurzeln. Lukas van de Sand und Adalbert Krawczyk suchten dann nach dem maßgeblich antiviral wirksamen Inhaltsstoff und stießen auf das Molekül Glycyrrhizin. „Dies hemmt ein für die Virusvermehrung essenzielles Enzym, die virale main protease“, erklärt Adalbert Krawczyk, Leiter der Studie. Die in Süßholzwurzel-Tee vorhandene Konzentration an Glycyrrhizin sei demnach bereits ausreichend, um die Viren in der Zellkultur zu zerstören.

Süßholztee könnte Krankheitsverlauf lindern

Sollte man nun mehr Lakritz oder Süßholzwurzeltee verzehren, um Covid-19 zu bekämpfen? „Das kann man so pauschal nicht sagen“, erklärt Krawczyk. „Übertreiben sollte man es sicher nicht. Die maximale Tagesdosis von Glycyrrhizin liegt bei 100 Milligramm, das entspricht je nach Sorte etwa 50 Gramm Lakritz.“

Ausreichend Abstand zu halten, die Hygieneregeln zu beachten und sich wenn möglich impfen zu lassen biete nach derzeitigem Kenntnisstand den besten Schutz. „Möglicherweise könnte der Konsum von Lakritz oder des Süßholzwurzelextraktes als Tee den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen“, vermutet der Fachvirologe.

Studie an Menschen steht noch aus

„Eine Untersuchung der Wirksamkeit von Glycyrrhizin zur Behandlung von Covid-19 beim Menschen, etwa im Rahmen von klinischen Studien, steht allerdings noch aus“, betont Prof. Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum Essen. Die Ergebnisse der Essener Studie werden zurzeit bei einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift begutachtet und wurden auf dem Server Biorxiv bereits online vorab veröffentlicht.

Bundesinstitut warnt vor Nebenwirkungen

Glycyrrhizin ist natürlicher Bestandteil des Süßholzsaftes, der aufgrund des charakteristischen Geschmacks schon lange zur Herstellung von Lakritz verwendet wird. Der Saft wird aus den getrockneten Wurzeln der vor allem im Mittelmeerraum vorkommenden Süßholzpflanzen gewonnen. Er wird seit über 4000 Jahren in der Medizin zum Beispiel zur Behandlung von Magenbeschwerden und Erkältungskrankheiten verwendet.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät indes zur Vorsicht beim Genuss von Lakritz. Bei häufigem Verzehr größerer Mengen von Glycyrrhizin kann es zu einer Erhöhung des Blutdrucks, Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) und Muskelschwäche kommen. Empfohlen wird daher eine maximale Tagesdosis von Glycyrrhizin von weniger als 100 Milligramm.