Essen/Düsseldorf. Die Medienanstalten der Bundesländer haben eine Netzsperre für das Pornoportal xHamster beschlossen. Andere Pornoportalbetreiber klagen noch.

  • Die Landesanstalt für Medien NRW hat internationalen Pornoportalen wie Pornhub oder xHamster den Kampf angesagt. Die Behörde fordert, dass sich die Betreiber an den deutschen Jugendschutz halten.
  • Die Medienanstalten der Bundesländer haben eine Netzsperre für das Pornoportal xHamster beschlossen.
  • Andere Pornoportalbetreiber klagen derzeit noch vor dem Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte der Landesanstalt für Medien NRW am 1. Dezember in erster Instanz Recht gegeben.
  • Dr. Konrad Weller, Professor für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Universität Merseburg, bezeichnet das Vorgehen der Landesanstalt für Medien NRW gegen die Porno-Portale „nicht nur als technisch schwierig, sondern auch unnötig“.

Es ist ein weiterer Erfolg im Kampf gegen die Betreiber diverser Pornoportale im Internet: Die Medienanstalten der Bundesländer haben eine Netzsperre für das Pornoportal xHamster beschlossen. Der Beschluss sei einstimmig erfolgt, teilte die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) der Medienanstalten am Donnerstag (3.3.) mit.

Die Bescheide mit der Aufforderung, das Angebot „de.xhamster.com“ für den Abruf aus Deutschland zu sperren, seien den fünf größten deutschen Netzbetreibern bereits zugestellt worden. Diese könnten dagegen noch Rechtsmittel einlegen.

Das frei verfügbare pornografische Angebot von xHamster sei ein Verstoß gegen den Jugendschutz und damit rechtswidrig, befand die KJM. Die Landesanstalt für Medien NRW hatte die Betreiber des Portals vergeblich aufgefordert, eine Altersüberprüfung der Nutzer einzuführen. Ihr Ziel ist die Durchsetzung des Jugendschutzes auf Internetseiten wie Pornhub, Youporn oder xHamster.

Pornoportal xHamster: Netzsperren „weit von einer optimalen Lösung entfernt“

Man werde die Sperranordnungen prüfen und über das weitere Vorgehen entscheiden, sobald diese förmlich zugestellt worden seien, teilte Vodafone am Donnerstag auf Anfrage in Düsseldorf mit. Netzanbieter wie Vodafone seien in dem Verfahren eigentlich unbeteiligte Dritte. Sie stünden in keinem vertraglichen Verhältnis zu dem Anbieter mit Sitz auf Zypern und erbrächten für ihn auch keinerlei Dienstleistungen.

xHamster hatte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt, Netzsperren seien „weit von einer optimalen Lösung entfernt“. Durch sie würden junge Menschen lediglich auf kleinere Seiten ausweichen, bei denen sie extremeren Inhalten ausgesetzt seien. Das Unternehmen sei bereit, mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten und eine Altersverifikation einzusetzen. Dies müsse aber branchenweit geschehen.

NRWs Kampf gegen Pornos: Pornhub und Co. droht Abschaltung

Andere Pornoportalbetreiber klagen derzeit noch vor dem Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte der Landesanstalt für Medien NRW am 1. Dezember in erster Instanz Recht gegeben. Die Verbreitung frei zugänglicher pornografischer Inhalte sei zu Recht untersagt worden.

"Die Entscheidung des VG Düsseldorf ist für uns naturgemäß wenig überraschend und in der Eindeutigkeit sehr erfreulich", so Dr. Tobias Schmid, Direktor der Medienanstalt in NRW, im Dezember vergangenen Jahres. "Angesichts der Entscheidung fordern wir die Pornoplattformen erneut auf, unmittelbar den effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten. Das Einzige, was sie hierfür tun müssen, ist eine wirksame Alterskontrolle einzuführen. Das ist nicht nur juristisch zwingend, sondern auch technisch denkbar einfach." Alternativ könnten sie auch die Verbreitung des Angebots in Deutschland einstellen.

Anträge der zypriotischen Gesellschaften auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das Gericht ab (Az.: 27 L 1414/20). Der deutsche Jugendmedienschutz sei anwendbar, auch wenn die Internetseiten vom EU-Ausland aus betrieben werden. Das Verfahren verstoße weder gegen nationales Verfassungsrecht noch gegen Völkerrecht oder das Recht der Europäischen Union, befanden die Düsseldorfer Richter.

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"In einem weiteren Fall, der bereits rechtskräftig ist, gehen wir davon aus, dass nun auch die Infrastrukturunternehmen in Deutschland uns in dem Bemühen unterstützen werden, illegale Methoden, die Kinder und Jugendliche gefährden, zu unterbinden", hatte Schmid bereits im Dezember gesagt. Als letztes Mittel drohe den Seiten dann die Sperre durch die deutschen Acces Provider wie Vodafone oder die Telekom.

„Der Jugendschutz macht keinen Sinn, wenn jedes Kind vom ’Kikaninchen’ zu Pornhub wechseln kann“, so der Direktor der Medienanstalt in NRW. Er will durchsetzen, dass sich internationale Portale wie My Dirty Hobby, Pornhub und Youporn an den deutschen Jugendschutz halten.

Schwelle zur Nutzung pornographischer Inhalte gesunken

„Es ist klar, dass seit Verbreitung des Internets und das Auf-den-Plan-Treten der Anbieter, die explizit sexuelles Material bereitstellen, die Schwelle zur Nutzung solcher Inhalte gesunken ist“, sagt Dr. Konrad Weller, Professor für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Universität Merseburg. Auch Kinder und Jugendliche hätten natürlich Zugang zu solchen Inhalten. „Ich glaube allerdings, dass eine Zensur des Internets ein Unding ist”, erklärt er. Die Marktwirtschaft habe ihre eigenen Gesetze und lasse sich nicht reglementieren. „Viel mehr sind pädagogische Anstrengungen und Diskurs von Nöten, um einen kritischen Umgang mit dem Thema zu erzeugen.”

Drei Bescheide gegen drei Portale wurden nach der Entscheidung der Kommission für Jugendmedienschutz durch die Landesbehörde in NRW zugestellt am 16. Juni 2020. Alle drei gingen an die Anwaltskanzlei Hogan Lovells International mit Büro in Düsseldorf. Sie vertritt die zwei zypriotischen Firmen MG Social Ltd. (My Dirty Hobby) und MG Freesites Ltd. (Youporn und Pornhub), die beide auf Zypern die selbe Adresse haben.

Landesanstalt für Medien NRW: Pornoportale klagen gegen Bescheide

Seit dem 10. Februar 2021 vertritt die Düsseldorfer Kanzlei die Firmen, wie aus dem Bescheid hervorgeht. Am 26. März selben Jahres kam es, so steht es in dem Papier, zu einer Videokonferenz. Eine Einigung der Parteien allerdings erfolgte nicht. Die Firmen verweisen auf das Herkunftslandprinzip, dass also zypriotisches Recht für sie gelte. Die Landesanstalt für Medien hingegen pocht auf das Medienrecht, das bei Verstößen gegen den Jugendschutz oder die Menschenrechte Ausnahmen dieses Prinzips erlaubt.

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„Zu sagen, Jugendliche unter einer bestimmten Altersgrenze können diese Inhalte nicht mehr abrufen, halte ich nicht nur für technisch schwierig, sondern auch für unnötig“, erklärt Konrad Weller, Professor für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Universität Merseburg. Nutzung und Wirkung der Pornografie seien viel untersucht worden. „Die, die sich wissenschaftlich und vorurteilslos damit beschäftigen, haben eine ziemliche Gelassenheit entwickelt”, sagt er.

Konrad Weller ist Professor für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Universität Merseburg. Er empfiehlt einen Diskurs und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Pornografie.
Konrad Weller ist Professor für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Universität Merseburg. Er empfiehlt einen Diskurs und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Pornografie. © Jens Hoppe | Jens Hoppe

Zudem sei die These, dass immer Jüngere Pornografie konsumieren, „Quatsch”. Einige Studien zeigten, „dass sich der erste Zugang der Pornografie mit Blick auf die Altersstruktur wieder erhöht hat”, erklärt Weller. Eine Studie aus Münster kam demnach 2017 zu dem Schluss, dass ein Drittel der befragten 14- bis 15-Jährigen bereits online einen Hardcore-Porno gesehen hat. „2009 waren es nach einer Umfrage der Bravo, die methodisch gut gemacht war, noch 70 bis 80 Prozent“, sagt Weller.

Porno-Portal xHamster: Landesanstalt ging einen anderen Weg

Neben weitere Portalen steht auch das Portal xHamster im Fokus der Landesanstalt für Medien. Der Betreiber, die Hammy Media Ltd., soll ebenfalls seinen Sitz auf Zypern haben. Zu einem Austausch oder zu Gesprächen zwischen der NRW-Behörde und dem Betreiber ist es aber zunächst nicht gekommen. Hammy Media sei telefonisch oder schriftlich nicht zu erreichen. Einschreiben würden nicht angenommen, ein Bescheid - wie bei den anderen Portalen - sei vorerst nicht verschickt worden, teilte die Landesbehörde mit. Die Anbieterin habe sämtliche Fristen zur Anpassung ihres Angebots verstreichen lassen.

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So ging die Landesanstalt in diesem Fall einen anderen Weg: Im August 2020 verschickte die Behörde unter anderem an 1&1, Vodafone und die Telekom ein Schreiben mit dem Titel: „Information über die Sperrung des rechtswidrigen Telemedienangebots“ in Bezug auf das Portal xHamster. Darin fordert die Landesanstalt eine DNS-Sperre „durch den Access-Provider, den Zugang zur Website wesentlich zu erschweren und so insbesondere Kinder und Jugendliche vor der Rezeption für sie ungeeigneter Inhalte zu bewahren“.

Dann aber standen die Telekom und Co. zunächst nicht mehr im Mittelpunkt im Kampf gegen das Porno-Portal xHamster: Die Behörde habe den Host-Provider mit Sitz in den Niederlanden ermitteln können und wolle weitere Verfahrensschritte einleiten, hieß es.

Portal Pornhub international unter Druck geraten

So oder so bleiben in Zukunft die pädagogische Unterstützung und der Diskurs zu dem Thema Pornografie wichtig. „Informationen sind im Internet leicht zugänglich, divers und widersprüchlich. Kritisches Medienbewusstsein oder sogar eine Manipulationsresistenz ist wichtiger denn je”, sagt Konrad Weller.

Aber: „Jugendliche leben verantwortlicher und selbstbestimmter ihre Sexualität als früher”, erklärt der Experte. Für Eltern hat er einen Tipp: „Eine Triggerwarnung kann helfen”. Besorgnisse der Eltern sollten aber nicht in Verbote gepackt werden. „Kinder müssen Grenzerfahrungen und auch Grenzüberschreitungen machen”, sagt Weller. Diese dann aufzufangen, liege in der Verantwortung der Eltern. „Das ist das A und O zu sagen, ‘wenn dir etwas passiert, dann kannst du zu uns kommen und wir reden drüber. Wir haben ein offenes Ohr’”.

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International ist das Portal Pornhub unter Druck geraten: Dem Portal wird nach einer Recherche der New York Times vorgeworfen, dass mutmaßliche Kinderpornografie und Vergewaltigungsvideos abrufbar waren. Die Zahlungsdienstleister Mastercard und Visa wickeln deswegen vorerst keine Zahlungen mehr für die Porno-Plattform ab. Im Vergangenen Jahr sind daraufhin mehrere Millionen Videos gelöscht worden. Nur noch angemeldete User dürfen dort Videos hochladen.

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