Düsseldorf. Pflegeheime warnen vor Überforderung durch die neuen Pflicht-Schnelltests. Die Politik sagt, die Einrichtungen könnten das stemmen.

Am Tag, bevor in NRW die neue Corona-Schutzverordnung mit strengen Kontaktbeschränkungen und Geschäftsschließungen in Kraft trat, wuchs die Sorge um die Situation in den Pflegeheimen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sprach sich am Dienstag im Landtag entschieden gegen eine Isolierung von Alten und Kranken im bevorstehenden harten Lockdown aus.

„Wir dürfen nicht den Fehler von März wiederholen, Menschen über Wochen einsam sterben zu lassen, weil sie keiner besucht“, sagte er. In der Pandemie dürfe man nicht die Menschlichkeit verlieren. Es werde keiner im Stich gelassen, versicherte Laschet. Bund und Länder hätten sich auf Regeln für Heime geeinigt, um Besuche zu ermöglichen.

Laumann: „Betretungsverbote lasse ich nicht zu“

Befürchtungen der Deutschen Stiftung Patientenschutz, die Pflegeeinrichtungen seien mit den neuen Schnelltests für Besucher, Bewohner und Personal überfordert, was in der Praxis zu Betretungsverboten ausgerechnet in der Weihnachtszeit führe, wies NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zurück. „Es wird in keinem Altenpflegeheim in NRW Betretungsverbote geben. Das lasse ich nicht zu“, sagte er dieser Redaktion. Die Heime erhielten für jeden Schnelltest neun Euro. „Zusätzlich können sie die Kosten für Personal und Hilfskräfte sowie die Schulung zur Durchführung der Schnelltestungen abrechnen“, erklärte Laumann.

Neben der Stiftung Patientenschutz hatte der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) Bund und Länder davor gewarnt, die professionelle Pflege mit immer neuen Anforderungen zu überlasten. Ohne drastische Besuchseinschränkungen und Einschränkungen bei der Versorgung der Pflegebedürftigen könnten die Heime nicht ihrer Testpflicht nachkommen. Dass Landesregierungen den „moralischen Anspruch an Besuchsmöglichkeiten gerade an Weihnachten erhöhen“ sei „unverantwortlich und respektlos“, sagte VDAB-Geschäftsführer Thomas Knieling.

Laschet stellt sich vor die umstrittene Schulministerin

Zum Start des zweiten harten Corona-Lockdowns in diesem Jahr rief Ministerpräsident Laschet die Bevölkerung zu Solidarität und einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf. „Jeder muss jetzt seine Verantwortung kennen. Jeder muss mitmachen“, sagte er in einer Sondersitzung des Landtags in Düsseldorf, die von einem hitzigen Schlagabtausch über das Krisenmanagement der Regierung geprägt war. SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty warnte mit Blick auf das Gesundheitssystem, das Land stehe „kurz vor dem Kollaps“ und in NRW regiere „das totale Chaos“.

Laschet stellte sich demonstrativ vor seine FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer, die wegen ihrer Krisen-Politik unter Dauerbeschuss der Opposition steht. Gebauer sei bundesweit die Stimme gewesen, Schulen so lange wie möglich offen zu halten, um Bildungsgerechtigkeit für alle zu wahren. „Von ganzem Herzen“ dankte Laschet der Ministerin für ihren Kampf für den Präsenzunterricht. Seit Montag ist die Präsenzpflicht für untere Jahrgänge in NRW aufgehoben, ab achter Klasse wird komplett auf Distanz unterrichtet. (mit dpa)