Essen. Eltern beklagen, dass erste Kitas wegen Personalmangel in der Pandemie früher schließen. Das Land weitet Hilfen aus und appelliert an Eltern.

Eltern aus NRW beklagen, dass erste Kindertagesstätten wieder die Betreuungszeiten reduziert haben. Kinder müssten mancherorts früher als sonst abgeholt werden, zum Teil würden Betreuungsumfänge sogar wieder um bis zu zehn Stunden reduziert, berichtet Daniela Heimann vom Vorstand des Landeselternbeirats der Kindertageseinrichtungen. „Eltern brauchen verlässliche Betreuungszeiten“, mahnte Heimann am Freitag an. „Wir haben große Sorge, dass die Kitas wieder zu einem eingeschränkten Regelbetrieb zurückgeführt werden.“

Beim sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb im Sommer sind Kita-Kinder zehn Stunden weniger betreut worden als vertraglich vereinbart war. So sollten Personalengpässe und ein höherer Aufwand durch Hygienevorgaben in der Corona-Pandemie ausgeglichen werden.

Innerhalb von zwei Wochen haben 67 Kitas im Rheinland die Betreuung reduziert

Zwar sind die Kitas seit 17. August wieder regulär geöffnet - bundesweit steigende Infektionszahlen sorgen aber auch in den Einrichtungen für Personalnöte. Im September gab es nach Angaben des NRW-Familienministeriums 219 Anzeigen von Unterbesetzung.

Seitdem spitzt sich die Lage zu: Allein dem Landesjugendamt im Rheinland haben seit dem 26. Oktober 67 Kitas gemeldet, dass ihnen Personal fehle und sie deshalb ihre Öffnungszeiten reduzieren mussten. Betroffen sind Kitas in 39 Städten und Kreisen, darunter in Essen und Oberhausen. Ein Grund für die Ausfälle sei Corona, etwa weil Erzieher infiziert oder in Quarantäne sind. In Westfalen-Lippe haben im Oktober 107 Kitas eine Unterbesetzung angezeigt - allein in Gelsenkirchen gab es zwölf Meldungen und in Herne neun.

Träger: Zwischen fünf und acht Prozent der Beschäftigten fehlen

Nach Angaben der Freien Wohlfahrt NRW fallen derzeit je nach Träger zwischen fünf und acht Prozent der Beschäftigten wegen der Pandemie aus. Dieser Umstand falle zwar noch nicht landesweit ins Gewicht, sagte Heinz-Josef Kessmann, der Vorsitzende des Kita-Ausschusses im Wohlfahrts-Dachverband. „Aber die Fälle häufen sich.“

Daniela Heimann, Vorsitzende des Landeselternbeirats der Kindertageseinrichtungen.
Daniela Heimann, Vorsitzende des Landeselternbeirats der Kindertageseinrichtungen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Man suche vor Ort jeweils eine Lösung betonte der Diözesancaritasdirektor in Münster. „Alle sind hoch bemüht, die Kitas offen zu halten, aber wir sind auch besorgt über die Entwicklung.“

Minister appelliert an Eltern: Kranke Kinder zu Hause behalten

NRW-Familienminister Joachim Stamp lobt indes ausdrücklich die Arbeit der Fachkräfte. In einem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, erklärte der FDP-Politiker, dass die vor Ort gefundenen Lösungen zur Fortführung von Bildung, Erziehung und Betreuung und die Entscheidungen, die für den pädagogischen Alltag getroffen würden, „die volle Rückendeckung des Kinder- und Jugendministeriums“ haben.

Zugleich appelliert Stamp an die Eltern, Kinder mit Erkältungssymptomen oder Fieber nicht in die Kita zu schicken. Die Personalsituation in den Kitas sei durch die Pandemielage „teilweise angespannt“. „Jede Ansteckung untereinander mit Grippe- oder Erkältungsviren oder anderen ansteckenden Krankheiten kann vor Ort zu Einschränkungen des Betreuungsangebotes bis zur Schließung einer Einrichtung führen“, heißt es in einem ebenfalls Freitag versendeten Informationsschreiben.

Stamp erneuert in dem Schreiben sein Versprechen vom September, dass es keine landesweite Schließung von Kitas und Angeboten der Kindertagespflege mehr geben werde.

Viel Lob für Alltagshelfer: Land weitet Programm aus

Auf viel Lob trifft der Vorstoß des Landes, den Erziehern noch bis zum Ende dieses Kita-Jahres Hilfskräfte zur Seite zu stellen. Das im Sommer gestartete Landesprogramm für 10.000 sogenannte Alltagshelfer im nichtpädagogischen Bereich soll laut Ministeriumsschreiben bis zum 31. Juli 2021 ausgeweitet werden. Eigentlich wäre es Ende 2020 ausgelaufen. Zudem sollen die Alltagshelfer sich weiterbilden können. Es solle sich um den „Einstieg in eine praxisorientierte Ausbildung“ der Helfer handeln, erklärte das Ministerium gegenüber dieser Redaktion.

Bisher waren aus den Kitas rund 7800 Anträge auf helfende Hände eingegangen - nach Einschätzung von Trägern seien auch deshalb noch nicht alle Stellen ausgeschöpft, weil diese nicht überall ohne Weiteres zu besetzen seien. Die Alltagshelfer an sich seien eine „echte Entlastung“, so Caritasdirektor Kessmann.