Düsseldorf. Der Lockdown im März hat die Berufswahl junger Leute massiv gestört, so die Gewerkschaft. Viele Jugendliche steckten in Warteschleifen.
Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise warnt die nordrhein-westfälische DGB-Vorsitzende Anja Weber vor dramatischen Folgen für den NRW-Ausbildungsmarkt. „Der Lockdown im Frühjahr hat den Berufswahlprozess junger Menschen massiv getroffen“, sagte Weber anlässlich der Vorstellung des DGB-Ausbildungsreports am Freitag in Düsseldorf.
Jeder fünfte Erwachsene im Alter zwischen 20 und 34 Jahren hat keinen Berufsabschluss
https://www.waz.de/staedte/bochum/ihk-noch-viele-ausbildungsplaetze-fuer-das-jahr-2020-id230121790.htmlDie Bewerberzahlen in der beruflichen Ausbildung seien im Vergleich zur demographischen Entwicklung der Altersgruppe überproportional rückläufig. „Häufig wissen wir nicht einmal, wo die Schülerinnen und Schüler aus den Abgangsklassen geblieben sind“, so Weber. Es bestehe die Gefahr, dass viele junge Leute in schulischen Warteschleifen an den Berufskollegs landeten oder sich in Gelegenheitsjobs flüchteten. Weber: „Wir befürchten, dass all das zu einem dramatischen Anstieg junger Menschen ohne berufliche Qualifikation führen wird.“ Schon jetzt habe beinahe jeder fünfte Erwachsene im Alter zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss. Damit liege NRW deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
Fachkräftemangel droht sich zu verschärfen
Die DGB-Chefin betonte, die Krise auf dem Ausbildungsmarkt sei nicht nur Folge der Pandemie. Schon vor Corona habe sich nur noch knapp jedes fünfte Unternehmen an der dualen Berufsausbildung beteiligt. Der DGB geht davon aus, dass sich diese Tendenz unter Pandemiebedingungen weiter verfestigen und sich künftig der Fachkräftemangel verschärfen wird.
https://www.waz.de/wirtschaft/wirtschaft-in-nrw/corona-folgen-so-viele-lehrstellen-in-nrw-unbesetzt-wie-nie-id230786954.htmlErst am Donnerstag hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) NRW vor pandemie-bedingten Problemen auf dem Ausbildungsmarkt gewarnt. Die strikten Corona-Schutzmaßnahmen im Frühjahr seien genau in die Zeit gefallen, in der im Ausbildungssektor üblicherweise ein Großteil der Bewerbungen angebahnt werde. Angesichts steigender Vermittlungen im Oktober hatte sich BA-NRW-Chef Torsten Withake allerdings zuversichtlich gezeigt, dass der Verzug trotz des November-Lockdowns wieder aufgeholt werden könne.
Viele Auszubildende sind zufrieden mit ihrer Situation
https://www.waz.de/wirtschaft/studie-corona-laesst-jugendarbeitslosigkeit-deutlich-steigen-id230788588.htmlEinmal in Ausbildung zeigen sich die meisten Jugendlichen zufrieden mit ihrer Situation. Laut DGB-Ausbildungsreport äußerten sich fast 70 Prozent der insgesamt 5000 befragten Jugendlichen positiv . In vielen Berufen gibt es aber offenbar weiterhin gravierende Mängel bei der Ausbildungsqualität und dem Einhalten rechtlicher Vorgaben. So wird jedem siebten Auszubildenden kein Ausgleich für angefallene Überstunden gewährt, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Große Flexibilität
Die Befragung gibt auch Hinweise darauf, wie flexible junge Menschen bei ihrer Berufswahl sind oder sein müssen. So haben nur 31 Prozent der Befragten einen Ausbildungsplatz in ihrem Wunschberuf erhalten, die Mehrheit wählte eine ungeplante Alternative oder einen anderen interessanten Beruf. „Das widerspricht der häufig vorgetragenen Klage, junge Menschen seien unflexibel“, betonte DGB-Chefin Weber.