Düsseldorf. Neue Zweifel an der Suspendierung von Polizei-Beamten: angeblich rechtes Video entpuppt sich als Parodie. Aber nicht alle Dateien sind harmlos.
Stehen die Ermittlungen gegen mutmaßlich rechtsextreme Polizisten in NRW auf tönernen Füßen? NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der bei jeder Gelegenheit auf seine „Null-Toleranz-Linie“ im Kampf gegen Rechtsextremisten auch in den Reihen der Polizei erinnert, dürfte in Erklärungsnot geraten. Nicht nur, weil sich eine Beamtin juristisch erfolgreich gegen ihre Suspendierung gewehrt hat. Denn nun kommen weitere Zweifel am Vorgehen gegen die Beschuldigten dazu.
Das für Polizei-Personalangelegenheiten zuständige Landesamt LAFP sagte am Freitag auf Nachfrage dieser Redaktion: „Wir prüfen derzeit möglicherweise abzuleitende Konsequenzen für acht ähnlich gelagerte Fälle.“ Offenbar ist also die Beweisführung nicht so einfach, dass es sich bei diesen acht Polizisten um Rechtsextreme handelt – wie zuvor bei der Polizistin, deren Suspendierung vom Verwaltungsgericht Düsseldorf aufgehoben wurde.
Schon in der kommenden Woche soll die Entscheidung getroffen werden, ob diese acht Polizisten wieder in den Dienst zurückkehren können, so das LAFP. Der Innenminister schwieg am Freitag zu dieser Entwicklung.
Gericht: Handyvideo in Polizei-Gruppe war Hitler-Parodie
Das Verwaltungsgericht hatte im Fall der betroffenen Beamtin unter anderem bemängelt, dass das LAFP offenbar nicht erkannt habe, dass es sich bei der beanstandeten Hitler-Datei auf dem Handy der Frau um eine Parodie handele: Die abgebildete Person sei „offensichtlich nicht Adolf Hitler, sondern jemand, der mittels einer Parodie Hitler verspotte, überzeichne und der Lächerlichkeit preisgebe“, so das Gericht. Es ist nicht einmal zu klären, ob die Beamtin diese Parodie, die vor sieben Jahren in der Whatsapp-Polizisten-Chatgruppe kursierte, überhaupt gesehen hat.
„Ähnlich gelagert“ könnten die acht weiteren Fälle sein, weil es auch hier möglicherweise eher um Lappalien gehe, hieß es aus Polizeikreisen. Außerdem handelt es sich – wie bei der Beamtin, die vor Gericht zog – um Polizisten, die nur vorübergehend vom Dienst suspendiert wurden.
Unter verschickten Dateien finden sich Geschmacklosigkeiten
Neben diesen „minderschweren Prüffällen“ mit vorübergehender Suspendierung gibt es unter den Beschuldigten auch „schwere Prüffälle“, bei denen es um die dauerhafte „Entfernung aus dem Dienst“ geht, erklärte das LAFP. Denn vieles von dem, was Polizisten aus Essen und Mülheim jahrelang in Whatsapp-Chats austauschten, ist offenbar alles andere als harmlos. Es geht laut Innenminister Reul um weit über 100 Bilddateien mit strafrechtlich relevanten Inhalten.
„Das sind Bilder, bei denen einem speiübel“ wird, sagte ein Polizist, der die Ermittlungen verfolgt. Sie zeigen zum Beispiel Flüchtlinge auf dem Weg in eine Gaskammer; einen Bewaffneten, der auf einen laufenden Schwarzen zielt und sagt: „Grillkohle rennt weg“; einen Schwarzen, der, wie es heißt, „eingeniggt“ sei. In einigen der 31 Ermittlungsfälle seien die Vorwürfe inzwischen sogar ausgeweitet worden.
Strafverfahren: Polizist soll gefesselten Migranten geschlagen haben
Einer der beschuldigten Polizisten muss sich einem Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Duisburg stellen. Der Mann, der Teil der rechten Mülheimer Chatgruppe „Alphateam“ gewesen sein soll, soll einen bereits gefesselten Migranten geschlagen haben. Eine Polizistin habe sich vergeblich über dieses Verhalten bei Vorgesetzten beschwert, heißt es.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht sich durch die erfolgreiche Klage der Beamtin gegen ihre Suspendierung bestätigt. Sie warnte vor Pauschalvorwürfen gegen die Polizei und unterstellte indirekt sowohl Innenminister Reul als auch Teilen der Medien, übertrieben zu haben. „Jeder Einzelfall muss betrachtet und juristisch bewertet werden“, sagte Michael Mertens, GdP-Landesvorsitzender NRW. „Die mögliche Aufhebung weiterer Suspendierungen muss genauso medienwirksam kommuniziert werden, wie die Verbote der Führung der Dienstgeschäfte vor einigen Wochen verbreitet wurden“, so Mertens weiter.
Die AfD warf dem Innenminister vor, bei diesem Thema „Maß und Mitte“ verloren und Unschuldige in Misskredit gebracht zu haben. Reul müsse sich bei der Polizistin entschuldigen.
Das Landesamt LAFP erklärte, es werde nicht gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes vorgehen. Grundsätzlich gelte weiter: Wer fremdenfeindliche Auffassungen vertrete, der habe in der Polizei keinen Platz.