Essen. 120.000 bedürftige Studenten erhielten Corona-Nothilfe. Studierendenverbände kritisieren scharf, dass der Staat das Programm nun eingestellt hat.
Studentenvertreter kritisieren scharf, dass die Corona-Nothilfe für Studierende nicht verlängert wird. Die Pandemie sei noch nicht vorbei. Dass die Politik zum Wintersemester „die Hilfe aussetzt, statt ein verbessertes Modell einzuführen, ist an Absurdität nicht zu überbieten“, erklärte Jonathan Dreusch von der bundesweiten Studierendenvertretung FZS. Offenbar sehe die Bundesregierung die finanziellen Probleme der Studierenden durch die Coronakrise als erledigt an.
100 Millionen Euro wollte das Bundesbildungsministerium als Nothilfe von Juni bis September an bedürftige Studierende verteilen. Doch nur 65 Millionen Euro wurden in dieser Zeit abgerufen, heißt es in dem Abschlussbericht der Studentenwerke (DSW), die die Anträge bearbeitet haben. Insgesamt wurden demnach 244.000 Anträge auf Überbrückungshilfe gestellt, rund 150.000 wurden positiv entschieden, 36 Prozent der Anträge wurden nicht bewilligt.
120.000 Studierende erhielten Nothilfe
120.000 Studierende, davon ein Drittel ausländische Studierende, haben die Nothilfe erhalten, viele von ihnen mehrfach. Die Höchstförderung für einen Monat betrug 500 Euro. Insgesamt wurden 65 Millionen Euro als nicht rückzahlbarer Vorschuss ausbezahlt. Die Hilfsprogramm ist Ende September ausgelaufen. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für all jene Studierende, die durch die Pandemie ihre Nebenjobs und somit ihre Lebensgrundlage verloren haben“, sagte die ehemalige Asta-Vorsitzende der Uni Duisburg-Essen, Amanda Steinmaus vom FSZ.
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Dass nicht die gesamte Summe der Überbrückungsgelder verteilt wurde, bedeutet indes nicht, dass die Hilfe nicht benötigt würde. Bei mehr als der Hälfte der abgelehnten Anträge waren die Studierenden dem Bericht zufolge zwar in einer finanziellen Notlage, sie konnten aber nicht belegen, dass diese Notsituation eine direkte Folge der Pandemie war – etwa weil Nebenjobs weggefallen sind oder Eltern arbeitslos wurden oder in Kurzarbeit waren. „Für diese Studierenden brauchen wir dringend eine strukturelle Reform der Studienfinanzierung“, sagte DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde.
Immer weniger Studierende erhalten Bafög
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Auch die Hochschulexperten vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) sehen das Nothilfe-Programm kritisch. Die Unterstützungsangebote während der Corona-Pandemie „überzeugen nur bedingt“, da das geplante Budget von 100 Millionen Euro bei Weitem nicht ausgeschöpft wurde, so Ulrich Müller, Experte für Hochschulfinanzierung beim CHE. „Die Erfahrungen in diesem Jahr zeigen, dass die etablierten staatlichen Instrumente der Studienfinanzierung weiter rapide an Bedeutung verlieren.“
Das zeige sich auch bei der Entwicklung des Bafög. Zwar stieg die Zahl der Studierenden in Deutschland seit 2005 um fast eine Million an, die Zahl der Bafög-Empfänger sank jedoch im gleichen Zeitraum um 30.000. Damit lag der Anteil der Bafög-Empfänger an der Studierendenschaft bei nur noch elf Prozent. 2005 erhielten laut CHE noch 17 Prozent die Ausbildungshilfe vom Staat.
Rückgriff auf den familiären Notgroschen
Die Notfallhilfen des Staates erreichten einen Großteil der Studierenden nicht mehr, so Müller. „Studierende setzen selbst in Zeiten der Pandemie lieber auf Eigeninitiative und den familiären Notgroschen. Müller fordert eine grundlegende Reform der Fördermaßnahmen für bedürftige Studierende, die verschiedene Lebenslagen, Bildungsbiografien und Studienmodelle berücksichtigen müsse. „Ein erster Schritt einer zeitgemäßen Studienfinanzierung müsste sein, auch Teilzeit- und weiterbildende Masterstudiengänge durch Bafög zu fördern.“