Düsseldorf. Einer Pressemitteilung, in der weder Name des Fußballers noch der Kinderporno-Vorwurf genannt wurde, gingen intensive Absprachen voraus.

Im Fall der Anklage gegen den früheren Fußball-Nationalspieler Christoph Metzelder wegen des Besitzes und Verbreitens kinderpornografischer Schriften ist die Staatsanwaltschaft Düsseldorf in den Verdacht geraten, dem ehemaligen Profi einen „Promi-Bonus“ gewährt zu haben.

Die Behörde hatte am 4. September eine umstrittene Pressemitteilung veröffentlicht, in der weder der Name Metzelders genannt noch der Tatverdacht konkretisiert wurde. Öffentlich bestätigt wurde der Kinderpornografie-Vorwurf durch die Justiz erst, als am selben Tag das Amtsgericht Düsseldorf über den Eingang der Anklage informierte. Das Gericht legte in einer Mitteilung dar, wie und in welchem Umfang Metzelder kinderpornografische Inhalte besessen und weitergeleitet haben soll.

Metzelder-Anwälte berieten 56 Minuten mit Chef der Staatsanwaltschaft

Jetzt kommt heraus: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte sich vor Veröffentlichung ihrer Pressemitteilung, die vom bekannten Medienrechtler Martin Huff als „kryptisch“ eingestuft wird, eng mit den Metzelder-Anwälten abgestimmt. Das geht aus einer Antragsschrift vom 7. September an das Verwaltungsgericht Düsseldorf hervor, mit dem Metzelders Anwälte dem Amtsgericht Düsseldorf künftig untersagen wollen, weitergehende Medienauskünfte zu dem Fall zu geben. Das 45-seitige Dokument liegt unserer Redaktion vor.

Demnach soll der Chef der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Falk Schnabel, am Vorabend der Veröffentlichung „insgesamt 56 Minuten“ mit einem der Metzelder-Anwälte über die Pressemitteilung beraten haben. Abends um 22:22 Uhr habe Schnabel schließlich „eine neue Version“ der ursprünglich geplanten Mitteilung am Telefon vorgelesen. Eindeutig Metzelder identifizierende Formulierungen und konkret benannte Tatvorwürfe sollen herausgestrichen worden sein. Der Metzelder-Anwalt habe daraufhin erklärt, „dass gegen diese Version keine persönlichkeitsrechtlichen Bedenken bestehen“, heißt es in dem Antrag.

Staatsanwaltschaft bestätigt Gespräche, bestreitet aber Einflussnahme

Im Grundsatz wird der Austausch zwischen dem Chef der Anklagebehörde und dem Rechtsbeistand des Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf nicht bestritten. „Eine Abstimmung dergestalt, dass die Veröffentlichung der Pressemitteilung von der Billigung der Rechtsanwälte des Angeschuldigten abhängig gemacht worden ist, hat nicht stattgefunden“, erklärte jedoch eine Sprecherin gegenüber unserer Redaktion. Eine identifizierende Pressemitteilung mit konkret benannten Tatvorwürfen sei im Zeitpunkt der Telefonate mit den Rechtsanwälten weder beabsichtigt gewesen noch auf deren Veranlassung zurückgezogen worden.

Opposition alarmiert: Können Prominente Pressearbeit der Justiz beeinflussen?

Die Opposition im Landtag zeigte sich alarmiert über das Vorgehen. „Hier könnte der Eindruck entstehen, dass ein prominentes CDU-Mitglied mit genügend Geld für einen guten Anwalt die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft bestimmen kann“, sagte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf gegenüber unserer Redaktion. Bis heute werbe die Landesregierung auf ihrer Homepage mit Metzelder für die „Ruhrkonferenz“, so Wolf: „Das finde ich sehr befremdlich.“ Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte vergangene Woche erklärt, dass die Moderatoren-Rolle Metzelders für die „Ruhrkonferenz“ zurzeit ruhe.

Um die Öffentlichkeitsarbeit zu dem Fall wird in der NRW-Justiz seit Monaten gerungen. Die Ermittlungen gegen den Ex-Fußballer starteten bereits vor gut einem Jahr. Zunächst war die Staatsanwaltschaft Hamburg am Zug, weil die Anzeigenerstatterin in der Hansestadt lebt. In einer Pressemitteilung vom 4. September 2019 hatten die Hamburger Ermittler Metzelders Namen, den Tatverdacht und eine Wohnungsdurchsuchung offiziell bestätigt.

Dennoch setzte das Landgericht Köln der weiteren Berichterstattung enge Grenzen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf übernahm das Verfahren, weil Metzelder in der Landeshauptstadt wohnt, ließ sich aber über Monate nicht öffentlich dazu ein. Erst als die SPD-Opposition im Landtag Mitte August von Justizminister Peter Biesenbach (CDU) eine Unterrichtung zur Causa Metzelder im Rechtsausschuss einforderte, kam wieder Fahrt in die Angelegenheit. Das von den Fußballer-Anwälten angerufene Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigte das Recht der Abgeordneten, zumindest vertraulich über den Verfahrensstand informiert zu werden. Über die Frage, was eine Staatsanwaltschaft im Fall der Anklageerhebung veröffentlichen darf, sei laut Verwaltungsgericht damit nicht entschieden worden.