Düsseldorf. Laut einer aktuellen Umfrage kurz vor der Kommunalwahl sind am Sonntag, 13. September, einige Überraschungen möglich.

Wenige Tage vor der Kommunalwahl in NRW deutet sich an, dass die Grünen in vielen Städten deutlich zulegen könnten. Laut einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des WDR in elf Städten liegt diese Partei in neun dieser Kommunen über 20 Prozent. Die SPD muss vielerorts zittern.

Kann sich Henriette Reker in Köln behaupten?

Der Umfrage zufolge hat sie in der größten NRW-Stadt sogar die Chance, gleich im ersten Wahlgang mit 61 Prozent wiedergewählt zu werden. Anders als 2015 wird die 63-Jährige parteilose Politikerin nicht mehr von der FDP getragen. Dafür hat sie die Unterstützung von CDU und Grünen. Haupt-Herausforderer ist Andreas Kossiski (SPD).

Warum schauen alle auf die Wahl in Dortmund?

Weil Dortmund für die SPD einen großen symbolischen Wert hat. Die Stadt galt lange als „Herzkammer der Sozialdemokratie“, und SPD-Kandidat Thomas Westphal befeuert diesen Mythos im laufenden Wahlkampf. Er hat aber keinen Amtsbonus. Der altgediente Oberbürgermeister Ullrich Sierau tritt nicht mehr an, und die CDU schickt mit Andreas Hollstein, bisher Bürgermeister in Altena, einen bundesweit bekannten Politiker ins Rennen. Er war 2017 von einem psychisch Kranken mit einem Messer angegriffen worden. Laut der Umfrage liegt SPD-Mann Westphal mit 36 Prozent vorn. Hollstein und die Grünen-Kandidatin Daniela Schneckenburger erreichen je 24 Prozent. Eine Stichwahl ist wahrscheinlich.

Welche Bedeutung hat die Landeshauptstadt Düsseldorf für die NRW-Stimmung?

Wenn der CDU-Kandidat und bisherige Kölner Stadtdirektor Stephan Keller in Düsseldorf Amtsinhaber Thomas Geisel (SPD) aus dem Obermeister-Büro vertreiben könnte, wäre dies für die Landespartei von Ministerpräsident Armin Laschet ein großer Prestigeerfolg. Die Umfrage sieht Geisel und Keller Kopf an Kopf. Die in Düsseldorf breit verankerten Grünen und die engagierte FDP-Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann machen das Rennen zusätzlich spannend.

Kann die CDU sich dauerhaft im ehemals „roten“ Essen etablieren?

Wenn Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, wie es laut der Umfrage möglich ist, triumphal im ersten Durchgang wiedergewählt werden sollte, dürfte dies die NRW-CDU als Beleg werten, dass sie auch „Großstadt-Partei“ ist. Einer wie Kufen, der zu den Vertrauten von Ministerpräsident Laschet zählt, könnte zeigen, dass man sich zupackend auch dauerhaft in der viertgrößten NRW-Stadt festsetzen kann. Eine Niederlage der SPD, die Essen über Jahrzehnte beherrschte, würde auch auf NRW-Oppositionsführer Thomas Kutschaty durchschlagen, denn er ist zugleich Essener SPD-Chef. Bei der Wahl des Rates haben die Grünen gute Chancen, vor der SPD zu landen.

Welche Rolle spielt die AfD auf Kommunalebene?

Ein landesweiter Vergleich zu den Ergebnissen der vergangenen Kommunalwahl 2014 ist schwierig. Die AfD wurde damals noch unter „Sonstige“ geführt und erreichte im Landesschnitt nur 2,5 Prozent. Seither haben die Rechtspopulisten in einigen Großstädten des Ruhrgebiets ein breiteres Fundament und sind seit 2017 im Landtag. Das stärkt die organisatorische Schlagkraft. Zugleich hat sich die ehemals eurokritische Partei mit der Flüchtlingskrise 2015 spürbar radikalisiert. Wie sich diese Achsenverschiebung auf die Attraktivität für Wähler auf Kommunalebene auswirkt, wird der 13. September zeigen.

Gewinnen die Grünen erstmals OB-Posten in NRW?

Bislang bekleiden die Grünen nur in den kleinen NRW-Gemeinden Telgte und Windeck den Bürgermeister-Posten. Nun haben sie gute Chancen, in den Großstädten Aachen und Wuppertal, vielleicht auch in Bonn und Dortmund, erstmals das Stadtoberhaupt zu stellen. Es wäre der vorläufige Höhepunkt einer wundersamen Entwicklung: Seit dem miserablen Ergebnis bei der Landtagswahl 2017 haben die Grünen Mitgliederzahl und Umfragewerte vervielfacht. Wie in Baden-Württemberg könnte in den Städten die Basis gelegt werden für den späteren Erfolg auf Landesebene.

Was unterscheidet diese Kommunalwahl von der 2014/15?

Sie ist nicht so kompliziert. Die 2007 von CDU und FDP beschlossene Trennung der Bürgermeister- und Landratswahlen von der Wahl der Räte war von Rot-Grün rückgängig gemacht worden. 2013 wurde in NRW wieder ein gemeinsamer Wahltermin ermöglicht, trotz unterschiedlicher Amtszeiten von Räten (fünf Jahre) und Bürgermeistern (sechs Jahre). Folge: Viele Bürgermeister und Landräte verzichteten auf einen Teil ihrer Amtszeit und stellten sich 2014 zusammen mit den Rats- und Kreistagskandidaten zur Wahl. Andere verweigerten die vorzeitige Wahl. So wurde zum Beispiel der OB von Dortmund 2014 gewählt, die Stadtspitzen von Mülheim, Essen, Oberhausen erst 2015.