Düsseldorf. Vor eineinhalb Jahren schien der Fahrplan für den Ausstieg aus der deutschen Kohleverstromung klar. Bei Klimaschützern herrscht nun Ernüchterung.

Die NRW-Grünen haben der Landesregierung die Verschleppung des angekündigten Kohleausstiegs vorgeworfen. Die neue „Leitentscheidung“ als Rechtsgrundlage für einen deutlich verkleinerten Braunkohle-Tagebau im Rheinischen Revier werde hinter die Kommunalwahl geschoben, kritisierte Grünen-Landtagsfraktionschefin Monika Düker. „Wir brauchen ein Moratorium, damit nicht weiter Fakten geschaffen werden“, so Düker weiter.

Konkret kritisieren die Grünen, dass im Tagebau Garzweiler II trotz des beschlossenen Ausstiegs noch fünf Dörfer umgesiedelt und weggebaggert werden sollen, um weitere Kohlemengen zu gewinnen. Im Kohleausstiegsgesetz des Bundes war für das Abbaugebiet eine „energiepolitische Notwendigkeit“ festgeschrieben worden. Die Grünen bezweifeln diese und fordern vom Land ein unabhängiges Gutachten „zu energiewirtschaftlich notwendigen und klimapolitisch verantwortbaren Restkohlebedarfen“.

Woher kommen die Erdmassen zur Absicherung des geretteten Hambacher Forsts?

Umweltschützer gehen davon aus, dass in den großen NRW-Tagebauen Garzweiler und Hambach nur noch 300 Millionen Tonnen der vergleichsweise dreckigen Braunkohle abgebaut werden dürfen, um die Pariser Klimaziele einhalten zu können. Der Essener Energiekonzern RWE kalkuliert dagegen mit 900 Millionen Tonnen.

Streit gibt es auch um Erdmassen, die Böschungen rund um den 2018 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung geretteten „Hambacher Forst“ absichern sollen. RWE geht offenbar davon aus, dass etwa fünf Quadratkilometer Erdreich unter dem fast verwaisten Ort Kerpen-Manheim zum Modellieren der Landschaft genutzt werden können. Die Grünen fordern indes die wohl weitaus teurere Nutzung von noch offenem Abraum der nahen Sophienhöhe.

Vor eineinhalb Jahren hatten sich 27 gesellschaftliche Gruppen in der „Kohlekommission“ der Bundesregierung auf einen Fahrplan zum Ende der Kohleverstromung in Deutschland verständigt. Laut Grünen-Energieexperte Oliver Krischer kann von der „1:1-Umsetzung“ dieses Beschlusses, die NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zugesagt hatte, keine Rede mehr sein. Der Konsens der Kohlekommission sei „einseitig zu Lasten des Klimaschutzes“ verlassen worden, so Krischer.