Essen. Eine Reform des Grundschulunterrichts soll kommen. Nun hat NRW-Schulministerin Gebauer ihren „Masterplan Grundschule“ in Düsseldorf vorgestellt.
Seit mehreren Jahren ist der „Masterplan Grundschule“ bereits Thema in NRW. Einen Tag vor dem Start des Schuljahres 2020/21 hat NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ihren Masterplan Grundschule in Düsseldorf vorgestellt. Damit will die Ministerin auf die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2016 reagieren. Dieser hatte den Grundschülern in NRW schlechte Leistungen in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen bescheinigt. „Diese Ergebnisse haben deutlich den Finger in die Wunde gelegt. Und sie waren alles andere als erfreulich“, erklärte Gebauer am Dienstag. Mit Investitionen von mehr als 700 Millionen Euro sollen die Grundschulen in NRW bis 2025 mehr Personal bekommen.
Eigentlich hatte die Landesregierung schon für das vergangene Jahr einen „Masterplan Grundschule“ angekündigt. Das Projekt verzögerte sich, nicht zuletzt wegen der Coronakrise. Nun aber liegt der Plan, der den Grundschulen „beste Bildung“ bescheren soll, auf dem Tisch:
Das steckt hinter dem „Masterplan Grundschule“:
- Grundschüler starten künftig erst in der dritten Klasse mit dem Englisch-Unterricht. Dies gilt für Kinder, die zum Schuljahr 2021/22 eingeschult werden. Aktuell startet der Englischunterricht ab dem zweiten Halbjahr der ersten Klasse. Die dadurch freigewordenen Kapazitäten sollen genutzt werden, „um Kinder individuell in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen zu fördern“, erklärte Gebauer. Um die Reduzierung der Stundenzahl für Englisch auszugleichen, werde das Stundenvolumen künftig ab der dritten Klasse erhöht.
- Zudem sollen die Lehrpläne „behutsam“ weiterentwickelt werden. Mehr Aufmerksamt soll laut Gebauer dann auf Lesen, Schreiben, Rechnen und digitale Medien gelegt werden. Die Umstellung der Lehrpläne soll zum Schuljahr 2021/22 erfolgen. Die umstrittene Lernmethode „Schreiben nach Gehör“ wurde bereits stark eingeschränkt.
- Ab dem Schuljahr 2021/22 wird eine bisherige Handreichung für einen systematischen Rechtschreibunterricht und einen verbindlichen Pflichtwortschatz mit allen Besonderheiten der deutschen Rechtschreibung fest im Lehrplan verankert.
- Gebauer will die Lehrkräfte an Grundschulen unterstützen und entasten. „Das wichtigste Kernelement des Masterplans“, sagt Gebauer. Über 1300 Einstellungen sind laut Gebauer an den Grundschulen erfolgt, die Stellen für sozialpädagogische Fachkräften sind auf 1750 Stellen verdreifacht worden. 1250 weitere Stellen bis 2025 sind in der Planung.
- Um die Fächer Deutsch und Mathematik zu stärken, sollen insgesamt 106 zusätzliche Stellen für Fachkoordinatoren an den Schulämtern eingerichtet werden. Diese sollen die Umsetzung der Lehrpläne vor Ort begleiten. Dafür sind nach Angaben des Ministeriums bis 2025 insgesamt rund 21 Millionen Euro vorgesehen.
- Kleine Grundschulen - laut Gebauer in NRW 600 Stück - mit weniger als 180 Schülern erhalten ab 2020/21 eine Konrektoren-Stelle.
- NRW will erstmals eine Beförderungsmöglichkeit für etwa fünf Prozent der Grundschullehrer schaffen, das sind rund 1300 Stellen. Bisher ist in dieser Schulform allein der Aufstieg auf eine Schulleiterstelle möglich. Die neuen Stellen sind unterhalb der Schulleitungsebene im gehobenen Dienst mit der Besoldung A13 geplant.
- 400 zusätzliche Schulverwaltungsassistenz-Stellen sollen ab 2021 geschaffen werden, um die Grundschulen von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.
- Die Vergleichsarbeiten in Klasse drei sollen in den nächsten Jahren auf ein digitales Testverfahren umgestellt werden, um die Korrekturarbeit zu verkürzen.
- Im Sport soll das Landesprogramm „NRW kann schwimmen“ ausgebaut werden, mit dem Schwimmkurse in den Ferien finanziert werden.
- NRW will es ermöglichen, dass „in besonders begründeten Fällen“ bereits am Ende des ersten Schuljahres über den Verbleib eines Kindes in der Klasse 1 entschieden werden kann. Dies entspreche einem vielfach geäußerten Wunsch von Eltern und Lehrern.
Schule NRW: Der „Masterplan Grundschule
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt sich von dem „Masterplan Grundschule“ enttäuscht. Das lange Warten auf den Masterplan habe sich nicht gelohnt, sagte GEW-Landeschefin Maike Finnern. Ähnlich zurückhaltend äußerte sich Stefan Behlau vom Verbad Bildung und Erziehung (VBE). Die Verbände hatten besonders auf eine bessere Bezahlung von Grundschullehrern gehofft. Die stellte Ministerin Gebauer nun aber nicht in Aussicht.
Nach dem schlechten Abschneiden nordrhein-westfälischer Grundschüler in einem bundesweiten Vergleich hatte Schulministerin Gebauer (FDP) bereits vor einigen Jahren Konsequenzen angekündigt: „Wir müssen einen Masterplan Grundschule erarbeiten“, forderte sie im Jahr 2017. Der Rechtschreibunterricht an den Grundschulen solle verbindlicher werden. Die umstrittene Methode „Schreiben nach Hören“ werde begrenzt. Sie wolle zudem einen verbindlichen Grundwortschatz für die Grundschulen einführen.
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„Wir müssen schon vom ersten Schuljahr an dafür sorgen, dass kein Kind abgehängt wird. Das in dieser Deutlichkeit überraschend schlechte Abschneiden in Mathematik muss aufgearbeitet werden“, erklärte Schulminister Gebauer 2017. (mit dpa)