Duisburg . Was ist aus den Corona-Helden geworden? Eine Reinigungskraft erzählt: Von Anerkennung, schweißtreibender Arbeit und Hoffnung auf Veränderung.
Selten war Hygiene so wichtig wie in der Corona-Pandemie. In vielen Geschäften und Betrieben arbeiten zeitweise sogar Extra-Reinigungskräfte, die Oberflächen abwischen und Kliniken desinfizieren, um die Verbreitung von Keimen und Viren einzudämmen. Mandy Heller (39) aus Duisburg macht in Sporthallen, Feuerwehren und Betrieben sauber. Von der Krise erhofft sie sich mehr Anerkennung für ihre Arbeit.
Für manche Leute bin ich nur die Putzfrau. Wer so etwas sagt, hat keine Ahnung, was zu meiner Arbeit gehört. Das ist nicht mal eben mit dem Staubwedel hier und da ein bisschen Schi-Schi machen, das ist körperliche Arbeit. Ich bin keine Putzfrau, ich bin Reinigungskraft.
Gelernt habe ich Restaurantfachfrau. Ich habe in Cafés, Restaurants und im Hotel gearbeitet. Ich weiß also, wie man schnell arbeitet, dass man Sachen gleichzeitig erledigen kann und bei jedem Gang überlegen sollte: Kann ich unterwegs was mitnehmen? Meine Kolleginnen lachen manchmal über mich: Du bist eine Perfektionistin, sagen sie. Dabei finde ich einfach, wir haben zwei Hände, zwei Füße. Die sollten wir nutzen.
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Ich arbeite seit sechseinhalb Jahren bei einer Tochterfirma der Stadt Duisburg. Seit einigen Jahren arbeite ich in Teilzeit und reinige eine Dreifachsporthalle an einer Berufsschule, dazu Aula und Keller. Ich fange morgens um fünf Uhr an, Spinnenweben weg, oft lange über Kopf, Staubwischen, Böden machen, Toiletten und Duschen, auch Geräteräume, der Sanitätsraum, die Flure und drei Tribünen gehören dazu. Ich arbeite mit Chemikalien, muss also wissen, wie ich sie einsetze und wie ich mich schütze. Wenn um halb acht die ersten Schüler vor der Halle stehen, sehen sie mich oft kaum. Ein Dankeschön habe ich noch nicht gehört, auch nicht von Lehrern. Der Hausmeister hat aber schon öfter erwähnt hat, wie froh er ist, ein zuverlässiges Team zu haben.
So viel zu tun wie noch nie
In der Corona-Zeit gab es so viel zu tun, wie ich es bisher nicht erlebt habe. Überall wurde mehr und viel häufiger gereinigt als vorher und obwohl ja die Schulen anfangs zu waren, haben viele von uns Stunden aufgestockt und neue Einsatzorte erhalten. Ich habe nachmittags in einem Chemiewerk gearbeitet. Vor dem Schichtwechsel mussten alle Duschen und WC-Räume desinfiziert werden. Da hieß es, in zweieinhalb Stunden stehen hier 50 Männer, und dann legt man los, Fliesen, Duschköpfe, Böden und Becken, auf drei Etagen. Ich bin trocken zur Arbeit gegangen und nassgeschwitzt zurückgekommen. Es kam immer mal wieder vor, dass jemand länger arbeiten musste und natürlich auch duschen wollte. Ich bin dann später zurückgekommen.
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Pausen zum Hinsetzen habe ich nicht. Ich bin in der Regel dreieinhalb Stunden in einem Objekt, danach bin ich froh, wenn ich eine Banane im Auto essen kann.
Es ist für mich eine gute Arbeit. Ich habe es gerne sauber und arbeite nicht gern in großen Teams. Ich habe Glück mit meinem Arbeitgeber. Wir erhalten mehr als den Mindestlohn und ich bin zufrieden. Ich weiß aber, dass das in der Branche nicht immer so ist, dass Kolleginnen Überstunden nicht bezahlt bekommen und für weniger Geld arbeiten als ich erhalte. Natürlich gibt es viele ungelernte Kräfte in unserer Branche, auch Frauen, die kaum Deutsch sprechen und denen man manchmal mit Bildchen erklären muss, welche Lappen wofür sind. Aber am Ende des Tages wollen wir alle von der Arbeit leben können. Und in den nächsten Monaten wird auf uns viel mehr Arbeit zukommen. Da brauchen wir neue Kollegen, wir sind keine Maschinen. Die kriegt man nicht, wenn die Bedingungen nicht stimmen.
Furcht vor Altersarmut
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Ich denke, dass die neue Grundrente für geringfügig Beschäftigte in der jetzigen Zeit eine Hilfe sein wird. Aber ob in 25 Jahren davon noch gesprochen wird? Ich mache mir natürlich Gedanken über Altersarmut, denn man sieht im Bekannten und Familienkreis, dass einige mit ALG 2 aufstocken müssen, da es sonst zum Leben nicht reicht. Ich war neun Jahre alleinerziehend, arbeite seit meinem 16. Lebensjahr, musste trotz meiner Tätigkeit im Hotel ALG 2 beantragen, denn es hätte sonst zum Leben für meinen Sohn und mich nicht gereicht. Jetzt will ich versuchen, vom Teilzeit- in einen Vollzeitjob zu kommen.
Wenn es etwas Positives an der ganzen Corona-Zeit gibt, dann dass vielleicht klar geworden ist, wie viel zu dieser Arbeit gehört. Sonst kommen wir ja, wenn die Leute in den Büros noch nicht arbeiten oder schon zu Hause sind. Jetzt wird so viel und so oft geputzt, dass man uns eigentlich nicht mehr übersehen kann. Und die Leute desinfizieren ja auch selbst alles Mögliche nochmals, selbst wenn wir dort sauber gemacht haben. Da ist schon ein anderes Verständnis für unsere Arbeit und Hygiene aufgekommen.
Reinigungskraft: „Uns zu sehen, das wäre ein Fortschritt“
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Es geht nicht darum, dass man uns jeden Tag dankt oder beklatscht. Ich fand es auch komisch, dass Politiker uns Reinigungskräfte plötzlich als systemrelevant bezeichnet haben. Aber uns zu sehen und nicht als selbstverständlich hinzunehmen, das wäre ein Fortschritt. Ein „Hallo, wie geht es dir“ höre ich eigentlich nur von den Feuerwehrleuten, bei denen ich in den Ferien sauber mache.
Meine Familie zeigt mir, dass sie meine Arbeit wertschätzt. Früher hat mein Sohn mal im Streit gesagt, Mama, du gehst ja auch nur putzen. Da denkst du dir schon, Junge, du weißt gar nicht, was das heißt. Dass meine Arbeit und wie darauf geschaut wird, manchmal nicht so leicht ist. Heute sagt er nach einem harten Tag, ich solle mich mal hinsetzen, er decke den Tisch oder so. Das ist mein ganz persönlicher Dank.“
Stephanie Weltmann protokollierte das Gespräch.
>>>> Ein Vollzeitjob für knapp 1900 Euro brutto im Monat
In der Gebäudereinigung arbeiten zwar viele ungelernte Kräfte. Hinter dem Beruf des Gebäudereinigers steckt aber eine dreijährige Ausbildung, für die man laut IG Bau einen Hauptschulabschluss benötigt. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 10,80 Euro, nach der Ausbildung sind es laut Tarifvertrag 15,12 Euro. Erst seit 2019 haben Vollzeit-Kräfte bereits ab Beginn ihrer Tätigkeit Anspruch auf 30 Tage Urlaub.
Aktuell laufen Tarifverhandlungen für die rund 700.000 Beschäftigten der Branche. Die Gewerkschaften fordern einen Mindestlohn von 12 Euro für die untere Lohngruppe. Bei einer 39-Stunden-Woche verdienten Reinigungskräfte dann knapp 1900 Euro (brutto) im Monat.
90 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, von denen etwa die Hälfte in Teilzeit tätig ist. Laut IG Bau meldeten Reinigungsfirmen in der Krise für drei Prozent der Beschäftigten Kurzarbeit an.