Essen. Das kommende Schuljahr steht unter ungewissen Vorzeichen. Corona und der Mangel an Lehrkräften könnten den geplanten Regelbetrieb ausbremsen.
Das gestehen die Gewerkschaften der Schulministerin zu: Sie versuche, die Schulen so gut es eben geht durch die Coronakrise zu steuern. „Sie bemüht sich redlich“, heißt es. Aber viele Entscheidungen kamen zu spät, und die Pannen in der Kommunikation, die vor den Ferien Lehrer und Eltern zur Verzweiflung getrieben haben, dürften sich nicht wiederholen. In der kommenden Woche gehen die Schulen in die Endphase ihrer Planungen für das neue Schuljahr. Wenn das Ministerium die Schulen am Montag über Details zum Schulstart informiert, werde dies allerhöchste Zeit, so die GEW. Die wichtigsten Fragen:
Gibt es genügend Lehrkräfte?
Nein. Schon vor der Corona-Krise kämpften bis auf die meisten Gymnasien alle Schulformen mit einem zum Teil eklatanten Lehrermangel. Die Gewerkschaften rechnen damit, dass zusätzlich zehn bis 20 Prozent der Lehrkräfte aus Gesundheitsgründen ausfallen werden. „Das ist für kleine Lehrerteams, wie es sie an vielen Grundschulen gibt, dramatisch“, sagt Michael Schulte von der GEW in NRW.
Womit rechnet die Landesregierung?
Das Schulministerium kalkuliert damit, dass nach den Ferien etwa 15 Prozent aller Lehrer in NRW nicht im Klassenraum eingesetzt werden können. Darin ist der „normale“ Krankenstand von im Schnitt sieben Prozent schon eingerechnet.
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Was unternimmt das Land gegen den Lehrermangel?
Mit mehreren Maßnahmen sollen kurzfristig mehr als 1600 Kräfte gewonnen werden. Zum Beispiel sollen schon zum neuen Schuljahr 800 von insgesamt fast 4000 Gymnasialstellen vorzeitig besetzt werden, die eigentlich erst mit der vollständigen Rückkehr zu G9 im Jahr 2026/27 eingerichtet worden wären. Die ausgebildeten Sek-II-Lehrer sollen an Haupt-, Real- oder Grundschulen Lücken füllen. Die Verbände bezweifeln aber, dass diese Kräfte rasch an die Schulen kommen.
Wie reagieren die Lehrer auf die Pläne?
Zum Teil mit Wut und Frust, berichtet Wibke Poth vom Verband Bildung und Erziehung in NRW. „Gerade erhalten wir viele wütende Reaktionen“, sagt sie. Und dazu gebe es allen Grund. Denn die Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen erhalten weniger Geld als die Kollegen für das Gymnasium, aber sie müssten zunächst die neuen Kollegen einarbeiten. „Anschließend leisten beide gleiche Arbeit, verdienen aber ganz unterschiedlich“, so Poth. Damit steigere die Landesregierung den Frust der Lehrkräfte ein weiteres Mal. (Weiterlesen: Schulstart ins Ungewisse: Lehrkräfte warten auf Infos vom Land)
Müssen Schulen Alternativen parat halten?
Es ist unsicher, ob der Regelbetrieb durchgehalten werden kann. Möglich sind Mischformen zwischen Präsenz- und Distanzunterricht, aber auch Schließungen. Lehrerverbände fordern daher „Öffnungsklauseln“ für die Stundentafel und die Leistungsbewertung, um flexibel auf Notfälle reagieren zu können. Viele Schulen haben sicherheitshalber eine Alternative zum Regelbetrieb in der Schublade. Abstandsgebot, regelmäßiges Lüften, feste Klassenverbände – „ich kann mir schwer vorstellen, wie das an einer so großen Schule wie unserer funktionieren kann“, sagte ein Bochumer Schulleiter. In jedem Fall habe er einen Plan B vorbereitet, der wieder die Aufteilung der Schüler in verschiedene Gruppen vorsieht.