Düsseldorf. Schutzsuchende Frauen müssen abgewiesen werden, weil die Infektionsgefahr zu groß ist. Der Ruf nach einer Frauenhäuser-Teststrategie wird lauter.
Quarantäne statt Schutz: In der Corona-Krise müssen Frauenhäuser in Nordrhein-Westfalen offenbar immer wieder Hilfesuchende abweisen, um die Infektionsgefahr einzudämmen. Nun wird die Forderung nach einer landesweit verbindlichen Teststrategie - wie es sie etwa bei den Pflegeheimen schon gibt – immer lauter.
„Wir brauchen klare Vorgaben zu kostenlosen Tests für bedrohte Frauen“, sagte Katrin Lasser, die das Frauenhaus in Castrop-Rauxel leitet. Immer wieder müssten in Corona-Zeiten ungetestete Schutzsuchende zunächst für eine 14-tägige Quarantäne in Wohnungen, Hotels oder anderweitigen Räumlichkeiten untergebracht werden. In Frauenhäusern mit vielen Gemeinschaftsräumen gilt die Ansteckungsgefahr als zu hoch. Nach Hause und damit in die Arme des Peinigers kann man die Frauen schließlich nicht mehr schicken.
Die Quarantäne bedeute für traumatisierte Frauen oft eine zusätzliche Belastung. „Es wäre wichtig, dass wir sie einmal auf Corona testen und dann gleich mit ihnen im Frauenhaus selbst arbeiten können“, sagte Lasser. Das NRW-Gesundheitsministerium verwies auf die Zuständigkeit der lokalen Behörden. Bislang gibt es aber offenbar sehr unterschiedliche Vorgaben für die 64 Frauenhäuser in NRW.
„Der Gedanke ist für mich unerträglich: Da sucht eine Frau Zuflucht, weil ihr zuhause Gewalt droht, aber die Tür des Frauenhauses muss für sie geschlossen bleiben, wenn sie keinen negativen Corona-Test vorweisen kann“, sagte SPD-Fraktionsvize Regina Kopp-Herr. Es räche sich jetzt, dass die Landesregierung nicht von Anfang auf eine Teststrategie gesetzt habe. „Es kann nicht sein, dass ein fehlender Test bei den betroffenen Frauen zu noch mehr Angst und Schrecken führt“, so Kopp-Herr.
Zur Frage, ob häusliche Gewalt in der Corona-Krise zugenommen hat, gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Am Donnerstag meldete die Landesarbeitsgemeinschaft der Autonomen Frauenhäuser NRW-weit nur in zwei Einrichtungen freie Plätze. Die Landesregierung sieht dagegen „keine Anzeichen für einen Anstieg der Fälle häuslicher Gewalt“.
Durch verschiedene Fördermaßnahmen war es Frauenministerin Ina Scharrenbach (CDU) in den vergangenen Jahren gelungen, die Anzahl der landesweit zur Verfügung stehenden Akutschutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen auf 610 Plätze zu erhöhen. Das waren 39 mehr als bei Regierungsübernahme 2017. Mit der Förderung von Neubauten will das Land weitere elf Plätze schaffen.