Düsseldorf. Der wegen antisemitischer und frauenfeindlicher Texte umstrittene Farid Bang wirbt für die Corona-Regeln in der Altstadt. Es hagelt Kritik.

Das Video, das zurzeit halb Düsseldorf verstört, zeigt einen kopfwackelnden Mittdreißiger mit aufgeknöpftem Holzfäller-Hemd und rasierten Schläfen, der gegen die Geräuschkulisse am Rheinufer anredet. Im Hintergrund prangt das Landeshauptstadt-Panorama mit Rheinturm, Landtag und Stadttor. „Haltet Euch hier an die Abstandsregeln, die wir hier in der Altstadt haben, die wir generell in Düsseldorf haben“, sagt Farid Bang und droht: „Hört auf, Unfug zu machen, sonst zieh‘ ich Euch die Ohren lang.“

Der 34-jährige Rapper hat sich im Auftrag von Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) vor die Kamera gestellt. Er soll die Düsseldorfer Party-Szene zur Ordnung rufen, die es am Wochenende regelmäßig an der „längsten Theke der Welt“ krachen lässt und sich nicht um die Corona-Schutzverordnung schert. Dem städtischen Ordnungsdienst war es bislang nicht gelungen, die Abstandsregeln gerade unter jungen Männern mit Migrationshintergrund durchzusetzen. „Da herrschen Zustände, die wir in Düsseldorf nicht haben wollen“, findet Geisel. Deshalb holte er sich die Unterstützung von Farid Bang, der angeblich zu jenen Menschen gehört, „die in diesem Milieu gehört werden“, so der Oberbürgermeister.

Die Toten Hosen hatten Geisel offenbar abgesagt

Eine solche Video-Botschaft könnte keine schlechte Idee sein, handelte es sich bei dem Rapper nicht um einen Mann, der mit antisemitischen und frauenfeindlichen Texten bekannt geworden ist. 2018 verursachte er mit der Zeile „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“ im Song „0815“ einen bundesweit beachteten Skandal. Als Farid Bang damals mit dem Rapper „Kollegah“ den Musikpreis „Echo“ erhalten sollte, gab es einen derartigen Aufruhr in der Szene, dass die Auszeichnung am Ende komplett abgeschafft wurde.

Einer, der seinerzeit die antisemitischen Ausfälle des Rappers in einer bewegenden Rede thematisierte, war der Frontmann der Düsseldorfer Punkband „Tote Hosen“, Campino. Auch der aus Düsseldorf stammende Marius Müller-Westernhagen hatte aus Protest seinen „Echo“ zurückgegeben. Nach Informationen der „Rheinischen Post“ soll Geisel nun für sein Video ausgerechnet zunächst die „Toten Hosen“ angefragt haben und nach deren Absage ausgerechnet Farid Bang genommen haben. Zunächst verniedlichte der Oberbürgermeister den Skandal-Rapper noch als „wilden Jungen“, der das Herz aber auf dem rechten Fleck habe.

Absprache mit Jüdischer Gemeinde? Von dort kommt ein hartes Dementi

Vor allem aber behauptete die Stadtspitze, sie habe die Zusammenarbeit mit Farid Bang gewissermaßen von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf absegnen lassen. Von dort kam jedoch am Mittwoch ein knallhartes Dementi. „Ich kann bestätigen, dass weder eine schriftliche noch eine mündliche Anfrage der Stadt Düsseldorf über ein Video der Stadt mit dem Rapper Farid Bang bei uns eingegangen ist“, teilte Gemeindedirektor Michael Rubinstein mit.

In einer eilig anberaumten Pressekonferenz versuchte Geisel, wieder ein wenig Distanz zwischen sich und den Musiker zu bringen, hielt aber grundsätzlich an der Zusammenarbeit fest. Das Stadtoberhaupt verzichtete lediglich auf die Veröffentlichung eines offenbar geplanten zweiten, gemeinsamen Videos. Er sei der Auffassung, dass Farid Bang seine antisemitischen und frauenfeindlichen Texte „aufrichtig bereut“, sagte Geisel. Er wisse, dass es sich „um eine ausgesprochen kontroverse Figur“ handele und halte “manches, was er gemacht hat, für widerwärtig“, so der Oberbürgermeister. Die Stadt veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der sich der Rapper von seinem eigenen Werk bedauernd distanziert.

In der Landesregierung sorgen die Vorgänge für Bestürzung. „Die Wahl des Rappers Farid Bang für ein öffentliches Projekt, das gerade beim Thema Corona-Virus aufklären soll, ist schwer zu ertragen. Die Aktion ist ein Affront gegen alle, die sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzen“, sagte die Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Bei aller Wertschätzung für die Freiheit der Künste sei Geisels Aktion „ein fatales Zeichen an das jüdische Leben in unserem Land“.

Stadtrat könnte zu einer Sondersitzung zusammentreten

Die Landesregierung hat gerade erst eine Studie zum Antisemitismus in der deutschen Gangster-Rap-Szene in Auftrag gegeben und will vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund für anti-jüdische Stereotype in der Musik sensibilisieren. Dass nun jemand wie Farid Bang praktisch zum Botschafter einer so weltoffenen Stadt wie Düsseldorf erklärt wird, heizt auch den Kommunalwahlkampf an. Geisel muss am 13. September um seine Wiederwahl fürchten. Dessen CDU-Herausforderer Stephan Keller hält es für völlig unverständlich, „wie man sich mit jemandem verbünden kann, der bundesweit bekannt ist für antisemitische Provokationen“.

Nun könnte es zu einer Sondersitzung des Stadtrats mitten in der Sommerpause kommen, um einen Beschluss zur Löschung des Farid Bang-Clips zu fassen. Die aus Düsseldorf stammende Grünen-Landtagsfraktionsvorsitzende Monika Düker sieht schon jetzt einen schweren Imageschaden. Auf Twitter schrieb sie: „Unfassbar: Jemand, der Opfer häuslicher Gewalt verhöhnt, frauenfeindliche und antisemitische Sprüche von sich gibt, soll in Düsseldorf eine Bühne bekommen, um jungen Männern Respekt beizubringen? Wie kommt man auf seine abstruse Idee?“