Düsseldorf. Der Fleischfabrikant will sich vom Land NRW Lohnkosten erstatten lassen. Viele nennen dies „dreist“ oder eine “Zumutung“.
Am Wochenende wuchs die Empörung über den Vorstoß des Fleischfabrikanten Clemens Tönnies und von Subunternehmern, sich Lohnkosten vom Land NRW erstatten zu lassen. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, es sei möglich, dass die Firma Tönnies und ihre Subunternehmer einen gesetzlichen Anspruch darauf hätten.
„Auf der anderen Seite würde ich mir anstelle von Herrn Tönnies und seinen Geschäftspartnern sehr genau überlegen, was man den Bürgern in NRW eigentlich noch alles zumuten will“, sagte Laumann dieser Redaktion. Derzeit, so der Minister, prüfe der Landschaftsverband Westfalen-Lippe den Antrag „nach Recht und Gesetz“.
Düker (Grüne): "Dreistes Verhalten"
Entsetzt ist auch Monika Düker, Fraktionschefin der Grünen im Landtag: „Wer wie Tönnies selbst mitverantwortlich für die Schließung des Betriebs und das Herunterfahren des öffentlichen Lebens in der ganzen Region ist, sollte sich mit Forderungen an den Staat besser zurückhalten. Mit diesem dreisten Verhalten verspielt Clemens Tönnies nur noch mehr Vertrauen.“ SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty hatte zuvor daran erinnert, dass die „Ausbeutung“ von Arbeitnehmern durch die Fleischindustrie zum Lockdown eines Landkreises geführt habe.
Der Vorstoß des Industriellen stieß nicht nur in NRW, sondern auch bundesweit auf Ablehnung. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) kritisierte die Signalwirkung, die eine solche Forderung mit sich bringe. „Ich habe dafür wenig Verständnis“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Durch die Vorfälle sei eine ganze Region in Mitleidenschaft gezogen worden. „Der Ärger der Bürger darüber wird durch das jetzige Vorgehen sicherlich nicht kleiner werden.“
Teuteberg (FDP): "Das ist unanständig"
Hintergrund der Diskussion sind die Quarantäne-Maßnahmen, die nach dem massiven Corona-Ausbruch unter Tönnies- Arbeitern am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück verhängt wurden. Das Infektionsschutzgesetz sieht nach Angaben der Behörden eine Erstattung vor, wenn Gesundheitsämter einen Betrieb schließen und Quarantäne anordnen.
Für Grünen-Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter sind die Anträge von Tönnies Beweis dafür, dass die Ankündigungen des Unternehmens „nur leere Worte waren und man kein Vertrauen in die Unternehmensführung haben kann“.
FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg forderte das Unternehmen auf, jetzt die Verantwortung übernehmen, die es zuvor beim Gesundheitsschutz habe vermissen lassen. „Dafür wurde schon eine ganze Region in Geiselhaft genommen. Ich finde es unanständig, sich auch noch auf Kosten der Steuerzahler schadlos halten zu wollen.“ (mit dpa)