Essen. Das Antragsverfahren zum Überbrückungsgeld für Studierende steht unter massiver Kritik. Das Studentenwerk weist die Vorwürfe allerdings zurück.
Sie war als unbürokratische Hilfe für Studenten gedacht, denen in der Corona-Zeit plötzlich die Einnahmen weggebrochen sind. Bis zu 500 Euro können Studierende jeweils für die Monate Juni, Juli und August als einmaligen Zuschuss erhalten, wenn sie pandemiebedingt in finanziellen Engpässen stecken. Doch nur wenige Wochen nach dem Start sorgt das Corona-Überbrückungsgeld der Bundesregierung bei Studierenden für Unmut. Vor allem das Antragsverfahren steht in der Kritik. Bei Studentenverbänden und in der Politik häufen sich die Beschwerden.
„Intransparent, ethisch fragwürdig und in der Umsetzung technisch katastrophal“
Der Studierendenverband fzs bemängelt, die Überbrückungshilfe sei „intransparent, ethisch fragwürdig und in der Umsetzung technisch katastrophal“. Der Dachverband von Studierendenvertretungen an deutschen Hochschulen berichtet von wütenden, gar verzweifelten Studenten. Vollständige Anträge seien massenhaft und teils automatisch abgelehnt worden, Begründungen dafür ausgeblieben.
Ansturm ist "riesengroß"
Auch dem Essener Bundestagabgeordneten Kai Gehring sind nach eigenen Angaben „massive Beschwerden“ von Studenten über die Antragsmodalitäten ins Büro geflattert. „Die Probleme bei der Überbrückungshilfe für Studierende reißen nicht ab. Der Ansturm ist riesengroß – riesengroß ist auch die Anzahl der Ablehnungen“, sagte Gehring dieser Redaktion.
Wink des Bundeswissenschaftsministeriums?
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Hintergrund ist laut dem Grünen-Politiker ein interner Wink des Bundeswissenschaftsministeriums an das Deutsche Studentenwerk, man solle unvollständig eingereichte Anträge gar nicht erst bearbeiten. Studenten, die in den Antragsunterlagen einen Fehler gemacht haben, würden dies somit gar nicht erfahren, glaubt der hochschulpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion.
Kritik an Ministerin Anja Karliczek
Das Studentenwerk war vom Ministerium mit der Abwicklung der Überbrückungshilfe beauftragt worden. Anträge können dort aber nur online gestellt, Unterlagen wie Kontoauszüge oder Nachweise über die pandemiebedingte Notlage müssen am Computer hochgeladen werden. „Es ist ein Unding, dass das Ministerium offenbar die Sachbearbeiter in den Studierendenwerken angewiesen hat, bei Unklarheiten möglichst nicht nachzufragen und stattdessen Anträge abzulehnen“, sagte Gehring. Das Haus von Bundeswissenschaftsministerin Anja Karliczek (CDU) habe zugesagt, dass bei allen Anträgen auf Überbrückungshilfe, die unvollständig oder fehlerhaft seien, nachgefragt werde, betonte der Essener. „Ich erwarte vom Ministerium und von Ministerin Karliczek persönlich, dass sie diese Zusicherung an die antragstellenden Studierenden einhalten“, so Gehring.
Studentenwerk weist Vorwürfe zurück
Das Studentenwerk weist die Vorwürfe zurück. Man hake bei 20 bis 25 Prozent der Anträge nach, betonte ein Sprecher des Studentenwerks auf Nachfrage. Zudem sei die Menüführung bei der Online-Beantragung so angelegt, dass die Vollständigkeit des Antrags durch den Antragsteller immer wieder nachgeprüft werden könne. Unterlagen nachreichen könnten Betroffene allerdings nur auf Nachfrage der Studentenwerke.
Überbrückungsgeld muss nicht zurückgezahlt werden
Die staatlichen Hilfsprogramme für Studierende in der Corona-Zeit sind seit Monaten heftig umstritten. Der Studienkredit der staatlichen Kfw-Bank musste sich den Vorwurf des Etikettenschwindels gefallen lassen, weil er die finanzielle Not der Betroffenen nur verschiebe. Das seit Mitte Juni erhältliche Überbrückungsgeld muss zwar nicht zurückgezahlt werden. Verbände wie der fzs halten die Summe von maximal 1500 Euro aber für viel zu gering. Das Geld reiche nicht, um Einnahmeverluste durch weggebrochene Studentenjobs auch nur annähender ausgleichen zu können. Grünen-Politiker Kai Gehring hält es zudem für einen Fehler, dass die Auszahlung umständlich über das Studentenwerk auf den Weg gebracht wurde. Besser, so der Essener, wäre eine befristete Öffnung des Bafög-Systems gewesen.
>>>>> Info: Seit dem Start am 15. Juni haben bundesweit bereits über 82.000 Studierende Überbrückungshilfe beantragt. Damit seien bereits knapp 39 Millionen der vom Bund bereitgestellten 100 Millionen Euro abgegriffen, teilte das Studentenwerk am Montag mit.