Düsseldorf. Die des Mordes an der kleinen Greta verdächtigte Erzieherin scheiterte in allen Jobs. Trotzdem bekam sie immer neue Jobs. Sogar ohne Zeugnisse.
Im Fall der mutmaßlichen Ermordung des dreijährigen Mädchens Greta in einer Viersener Kindertagesstätte durch eine 25-jährige Erzieherin sind offenbar mehr Warnzeichen übersehen worden als bislang bekannt.
Wie der Leiter des Landesjugendamts im Rheinland, Lorenz Bahr, am Donnerstag im Familienausschuss des Landtags berichtete, ist es bei vorherigen Arbeitsstellen der Beschuldigten zu noch mehr Vorfällen gekommen, ohne dass dies den zuständigen Aufsichtsstellen gemeldet worden wäre. In einer Kita in Kempen war es zu vier Notarzt-Einsätzen gekommen. Das betroffene Kind wechselte daraufhin die Kita und die Tatverdächtige musste die Gruppe wechseln.
In Krefeld und Kempen jeweils vier Vorfälle bekannt geworden
Bei einer weiteren Arbeitsstelle der Erzieherin in Krefeld konnten nachträglich ebenfalls vier Vorfälle rekonstruiert werden. Die Ärzte stellten damals bei dem eingelieferten Kind keine Vorerkrankung fest. Auch die Eltern konnte sich den Notfall nicht erklären. Die Kita sah jedoch „keine weiteren Verdachtsmomente“ gegen die Erzieherin und ging von einer Vorerkrankung des Kindes aus. Gleichwohl gab es die interne Anordnung, die Frau künftig „nicht mehr allein mit Kindern“ zu lassen. Was der genaue Grund für diese Weisung gewesen ist, wird noch ermittelt.
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Im Oktober 2019 gab es dann in einer Kita in Tönisvorst die vielleicht deutlichsten Hinweise auf eine Straftat der Erzieherin. Dort hatte ein Kind nach einem medizinischen Notfall seinem Vater erzählt, dass die Erzieherin ihm fest auf den Bauch gedrückt habe. Die Einrichtung will davon aber nichts erfahren haben. Vielmehr seien Kita, Ärzte und Eltern davon ausgegangen, dass es sich nur um eine „akute Stresssituation“ des gerade erst in der Kita eingewöhnten Kindes gehandelt habe.
Bei der Bewerbung schließlich in Viersen konnte die Erzieherin einen Lebenslauf vorlegen, aus dem nicht ersichtlich war, dass sie in zwei Kitas jeweils gekündigt wurde. Sie erklärte, dass es sich um befristete Anstellungen als Elternzeit-Vertretung gehandelt habe. Arbeitszeugnisse musste sie nicht vorlegen. Das Vorstellungsgespräch habe keine Veranlassung gegeben, an ihrer persönlichen Eignung zu zweifeln, hieß es in Viersen. Ihr Abschlusszeugnis des Berufskollegs bescheinigte ihr eine Gesamtnote „ausreichend“. Obwohl die erste Kita-Ausbildungsstelle ihr bescheinigt hatte, nicht für den Erzieher-Beruf geeignet zu sein, soll die immer aus mehrere Komponenten zusammengesetzte Gesamtnote nach Einschätzung des Schulministeriums korrekt zustande gekommen sein.
Schon ein Anerkennungsjahr als Erzieherin in Straelen abgebrochen
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Wie erst jetzt herauskommt, hatte die 25-Jährige bereits im August 2016 ein Anerkennungsjahr als Erzieherin in einer Einrichtung in Straelen abgebrochen. Das Vertrag sei vorzeitig wegen „fehlender Arbeitsinitiative“ aufgelöst worden. Außerdem habe die Frau seinerzeit erklärt, lieber in Kleingruppen zu arbeiten. Anschließend sei sie 2017 ein halbes Jahr ehrenamtliche Mitarbeiterin in einer Einrichtung desselben Trägers gewesen.
Am 21. April soll die Erzieherin in einer Viersener Kita schließlich die dreijährige Greta beim Mittagsschlaf erdrosselt haben. Das Kind starb am 4. Mai an einem Hirnschaden. „In allen Fälle waren weder die Eltern, noch die Fachkräfte und Mediziner sensibel genug, die Fälle zu melden“, räumte Landesjugendamts-Leiter Bahr ein.