Düssreldorf. NRW erhöht nach den Coronafällen in der Fleischindustrie den Druck. Der größte Player der Branche, Clemens Tönnies, wehrt sich

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat Vorwürfe zurückgewiesen, er habe sich nicht frühzeitig um die unhaltbaren Zustände in vielen Schlachthöfen gekümmert. „Die Landesregierung hat schnell und umfassend reagiert“, sagte Laumann am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Landtags.

Sämtliche Mitarbeiter in Schlachtbetrieben würden auf das Coronavirus getestet, die Betriebe müssten Hygienekonzepte vorlegen, und der Schlachtbetrieb Westfleisch im Kreis Coesfeld bleibe bis Sonntag geschlossen. Bei Westfleisch wurden bisher 258 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet.

Tönnies: "Kritik darf nicht zu Manie werden"

Der größte deutsche Schlachtbetrieb Tönnies in Ostwestfalen wehrte sich gegen den Verdacht, Arbeitsschutz und Hygiene zu vernachlässigen.Geschäftsführer Clemens Tönnies sagte bei einer Pressekonferenz in Rheda-Wiedenbrück: „Ich habe viel Verständnis für Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Er steht gerade sehr unter Druck und die Politik in Deutschland macht einen tollen Job. Aber seine Kritik darf nicht zur Manie werden.

Bei Tönnies wurden bisher keine Coronafälle festgestellt. Von 784 ausgewerteten Proben der Mitarbeiter aus dem Schlachtbetrieb waren alle negativ ausgefallen. Getestet wurden dort insgesamt 2100 Beschäftigte.

Laumann: "Meine Geduld ist am Ende"

Laumann schlug aber weiter harte Töne gegen die Branche an. „Ich betreibe da jetzt eine Politik der Null-Toleranz. Egal, wer Schlachthofbetreiber ist. Wir müssen jetzt diesen Sumpf austrocknen. Die Pandemie gibt uns die Möglichkeit, das zu tun», sagte der CDU-Politiker dem WDR.

Bislang sei es nicht möglich gewesen, die Wohnungen der Werksarbeiter zu kontrollieren, weil diese privat angemietet werden. „Da galt der Schutz der Wohnung. Jetzt haben wir in der Pandemie die Möglichkeit, auf Grund des Infektionsschutzgesetzes mit den Gesundheitsämtern da rein zu gehen. Der Arbeitsschutz hatte da bislang überhaupt keine Rechte“, sagte Laumann. Seine Geduld mit der Fleischindustrie sei am Ende.

Kontrollen der NRW-Behörden in den Schlachtbetrieben hatten im vergangenen Herbst erschreckende Zustände ans Tageslicht gebracht.

Mehr Klarheit bei Mettwürsten als bei der Arbeitszeit

Der Minister bekräftigte im Gesundheitsausschuss seine Forderung nach einer digitalen und fälschungssicheren Arbeitszeiterfassung in den Schlachtbetrieben: „Wir können bei jeder Mettwurst erfassen, von welchem Schwein sie stammt, aber die Arbeitszeit der Werkvertragarbeitnehmer können wir nicht erfassen.“

SPD-Sozialexperte Josef Neumann fühlt sich angesichts der Zustände in vielen Schlachthöfen in NRW an die „Textilindustrie in Asien“ erinnert. NRW müsse den Bund dazu drängen, „diese Art des Frühkapitalismus und der Wanderarbeitnehmerschaft“ zu beenden. (mit dpa)