Essen. NRW-Familienminister Joachim Stamp will notfalls im Alleingang die Kitas schrittweise öffnen. Verbände reagieren darauf zurückhaltend.
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) erhält für seinen Vorstoß, notfalls im Alleingang die Kitas wieder schrittweise zu öffnen, einen Dämpfer von den Gewerkschaften.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nennt das Vorgehen riskant. Schnellschüsse seien nicht zielführend, sagt Maike Finnen, Landesvorsitzende der GEW. „Die Sicherheit von Beschäftigten, Kindern und Familien muss an erster Stelle stehen. Niemandem ist damit gedient, wenn eine Kita nach ein paar Tagen wegen Corona-Verdachtsfällen oder Personalmangel wieder schließen muss."
Stamp (FDP) hatte damit gedroht, sollte Kanzlerin Angela Merkel am kommenden Mittwoch mit den Ministerpräsidenten keinen einheitlichen Kurs zur Kita-Öffnung beschließen, werde NRW sein Konzept verfolgen. „Ich möchte jetzt gerne unseren Weg gehen. Wir lassen uns nicht noch eine Woche vertrösten“, sagte Stamp am Montag im „Morning Briefing“-Podcast des früheren Handelsblatt-Herausgebers Gabor Steingart.
NRW verfolgt ein Konzept in vier Schritten, von der Notbetreuung über die erweiterte Notbetreuung bis zum improvisierten Regelbetrieb und schließlich dem Regelbetrieb. Aktuell geht es um einen improvisierten Betrieb. Dieser soll ermöglichen, dass Kindern wieder möglichst zügig Zugang verschafft wird und „Tagespflegepersonen und Erzieher sich sicher fühlen auch in Zeiten der Pandemie“.
Erzieher mahnen zu Sicherheit vor Schnelligkeit bei Corona-Lockerung
Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) mahnt zur Vorsicht. „Wir brauchen keine Ankündigungen, die Eltern, Kinder, Erzieher und Träger nur verunsichern, sondern konkrete Entscheidungen“, sagt Barbara Nolte vom VBE NRW. Es müssten sorgsam Schritte entwickelt werden, welche Kinder unter welchen Bedingungen wie von wem und ab wann betreut werden. "Wir stehen vor der Herausforderung, die Bedarfe der Kinder mit den Notwendigkeiten des Infektionsschutzes zu vereinbaren. Das geht nicht von jetzt auf gleich, es geht um Sicherheit vor Schnelligkeit.“
Zurückhaltend reagiert auch der Kinderschutzbund. NRW sei zwar in einer besonderen Situation, weil viele Kinder hier in Armut lebten, die die Abwechslung, sozialen Kontakte und die Unterstützung einer Kita bräuchten. Trotzdem müsse bei Stamps Vorstoß auch beachtet werden, dass nicht alle Schutzregeln in den Kitas eingehalten werden können. „Kleine Kinder müssen zum Teil noch gewickelt werden und auch Trost zu spenden ist bei Kindern ohne Körperkontakt kaum möglich", so eine Sprecherin.