Düsseldorf. Ein TV-Auftritt des NRW-Ministerpräsidenten bringt die Stadt-Spitzen in Rage. Sie seien nicht verantwortlich für den holprigen Schulstart.
Mit einem Auftritt in der Sendung „Anne Will“ hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) viele Bürgermeister im Land gegen sich aufgebracht. Laschet hatte in der Talkshow angedeutet, dass die Kommunen in NRW schlecht auf die Schulöffnung vorbereitet gewesen seien und zum Beispiel nicht rechtzeitig Desinfektionsmittel beschafft hätten. Sein Vorwurf: „Was habt Ihr denn gemacht?“
Die kommunalen Spitzenverbände reagierten am Montag pikiert: Das Land habe die Städte zu spät und bis heute nicht genügend über die Details zum Schulstart informiert.
Reaktionen auf Laschet: "Affront", "dreist", "unzutreffend"
Laschets Kritik sei „ein Affront gegen all jene, die vor Ort tagtäglich gegen die Krise und ihre Folgen ankämpfen“, twitterte der Krefelder Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD). „Dreist und gänzlich unzutreffend“ nannte Frank Baranowski, Oberbürgermeister von Gelsenkirchen, die Aussagen Laschets. Es sei „unredlich“, den Städten „den Schwarzen Peter für die Versäumnisse der Landesregierung zuzuschieben“. Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW, sagte: „Mit seinem Auftritt hat Herr Laschet viel Vertrauen bei den Kommunen verspielt.“
Die drei großen Kommunalverbände sehen die Beziehungen zwischen Landesregierung und Kommunen stark belastet. „Die allermeisten Schulen konnten dank des großen Engagements in den Schulen und Kommunen einen problemlosen Schulstart ermöglichen, obwohl die Zeit zur Vorbereitung zu knapp war“, sagten Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (Hamm, CDU), Bürgermeister Roland Schäfer (Bergkamen, SPD) und Landrat Thomas Hendele (Kreis Mettmann, CDU).
Die Probleme hören beim Schulbetrieb nicht auf
Aus der Sicht von Städtetag, Landkreistag sowie des Städte- und Gemeindebundes sind weiter viele organisatorische Fragen zum Schulbetrieb offen. So gebe es wegen der Abstandsregeln Raumprobleme, es sei „nicht ansatzweise“ möglich gewesen, in der Kürze der Zeit Desinfektionsmittel-Spender anzubringen, und bis heute wisse niemand, was passieren sollte, wenn ein Schüler oder ein Lehrer positiv getestet würde.
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) riet zum Dialog: „Ein überstürztes Handeln oder ein gegenseitiges Schuldzuweisen bringen uns nicht weiter.“ Dafür hätten die Bürger kein Verständnis. Die Kommunen stünden der Regierung mit Rat und Tat zur Verfügung. „Davon sollte mehr Gebrauch gemacht werden.“
Baranowski: "Wir hatten nur drei Tage Zeit"
Gelsenkirchens OB Frank Baranowski ärgert sich darüber, dass den Kommunen die Details zu den Hygieneplänen vom Land erst unmittelbar vor dem Schulstart geschickt worden seien. "Wir hatten nur drei Arbeitstage Zeit für die Vorbereitung", sagte er.
Die Staatskanzlei wollte am Montag die Wogen glätten: „Ministerpräsident Laschet ist den Gemeinden, Städten und Kreisen außerordentlich dankbar für ihren intensiven Einsatz im Umgang mit der Corona-Virus-Pandemie“, sagte ein Sprecher. Für Freitag sei eine Schaltkonferenz zwischen Landesregierung und Kommunalverbänden geplant.
Die Kommunen in NRW leisteten "hervorragende Arbeit auch in dieser schwierigen Zeit. Der Einstieg in die Wiederaufnahme des Schulbetriebs, der praktisch in ganz NRW gut angelaufen sei, habe gezeigt, wie wertvoll die effiziente Arbeit von Schulen und Schulträgern sei.
Laschet hatte in der Sendung darauf hingewiesen, dass die Kommunen für die Organisation des Schulstarts verantwortlich seien. Das Land habe alles getan, um den Städten diese Aufgabe zu erleichtern, bis hin zur Organisation von Schutzmaterial.
Grüne und GEW für ein Aufschieben des Schulstarts
Nachdem an einer Duisburger Gesamtschule und an einem Gymnasium in Dormagen Corona-Verdachtsfälle gemeldet wurden, riefen die Grünen in NRW und die Gewerkschaft GEW nach einem Moratorium für den Schulstart. Die Schulen in NRW müssten entscheiden können, Schüler nach Hause zu schicken. Landespolitik, Kommunen und Verbände sollten noch in dieser Woche klären, wie der Schulstart gerettet werden könne. Pflicht-Prüfungen dürfe es nicht geben.