Essen. Infektionsrisiko für ältere Menschen würde durch Öffnung von Schulen und Kitas zunehmen. „Kita-Kinder haben immer eine tropfende Nase.“

Auch eine schrittweise Öffnung von Schulen und Kitas erhöhe das Risiko für weitere Infektionen mit Coronaviren, meint Dr. Birgit Ross, Leiterin der Krankenhaushygiene am Uniklinikum Essen. Sie sieht die Pläne aus epidemiologischer Sicht daher kritisch. Christopher Onkelbach fragte die Expertin, wie sich Schulen und Kitas auf eine Öffnung vorbereiten können.

Wie lassen sich Infektionen unter Kindern in den Kitas vermeiden?

Birgit Ross: An Kitas stelle ich mir das sehr schwierig vor. Man kann die Kinder zwar dazu anleiten, sich oft die Hände zu waschen, doch das Virus verbreitet sich über Tröpfcheninfektionen und man weiß ja, dass kleine Kinder ständig eine laufende Nase haben.

Würde dadurch die Infektionsgefahr wachsen?

Kinder haben zum Glück eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen. Doch beim Schutz der älteren Menschen wird es schwierig. Man kann auch kleinen Kindern schlecht sagen, dass sie zwei Meter Abstand halten sollen. Unter dem Aspekt des Bevölkerungsschutzes ist eine Öffnung kritisch.

Ist das Risiko an Schulen geringer?

In Schulen ist die Situation sicher anders. Je älter die Kinder sind, desto einfacher lassen sich Schutzmaßnahmen umsetzen. Man kann zum Beispiel die Schüler dazu anhalten, in die Armbeuge zu husten oder zu niesen. Unter Hygieneaspekten wäre es besser, ältere Schüler wieder zuerst in die Schule zu lassen.

Welche Schutzmaßnahmen können die Schulen treffen?

Die Schulen müssen dafür sorgen, dass die Schüler in den Pausen keine Grüppchen bilden und es muss in den Klassenräumen die Möglichkeit geben, dass der Mindestabstand eingehalten werden kann.

Müssen Schulen häufiger desinfiziert werden?

Eine gründliche Reinigung der Schulräume ist sicher wichtig, doch das Virus wird wie gesagt über Tröpfchen verbreitet. Eine Übertragung über Oberflächen spielt eine geringere Rolle. Das Hauptrisiko besteht in direkten Kontakten von Mensch zu Mensch.

Sind die Schultoiletten ein Infektionsherd?

Sicherlich muss man an den Schultoiletten etwas ändern und sie regelmäßig reinigen und desinfizieren, aber nicht nur wegen des Coronavirus. Hier ist vor allem das Norovirus ein Problem, es verursacht Magen-Darm-Infektionen. Das Virus wird häufig über Toiletten verbreitet. Ich würde mich freuen, wenn Corona der Anlass wäre, dass die Schultoiletten in Zukunft besser und sauberer werden.

Wie beurteilen Sie eine baldige Öffnung der Schulen?

Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits ist eine möglichst breite Immunisierung der Bevölkerung erstrebenswert. Doch als Krankenhaus-Hygienikerin mit der Verantwortung für zum Teil schwer kranke Menschen sehe ich die Pläne kritisch. Ich würde eine Öffnung von Kitas und Schulen nach jetzigem Stand noch weiter hinauszögern.