Düsseldorf. Die CDU-Landtagsfraktion schreibt einen Brandbrief an Innenminister Seehofer:Erntehelfer müssten einreisen können. Der Bund erhört die Bitte.
Der Mangel an Erntehelfern ist in NRW offenbar so dramatisch, dass CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen jetzt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Brandbrief um Hilfe bittet. Die Fraktion fordert Seehofer darin auf, „die Regelungen zur Einreise von Erntehelfern aus Osteuropa so zu modifizieren, dass diese wieder nach Deutschland einreisen können“, heißt es in dem Schreiben vom Mittwoch, das dieser Redaktion vorliegt.
Die bisherige Erntemenge sei „für die Versorgung unserer Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln unverzichtbar“ und könne nicht durch Importe kompensiert werden. Hilfskräfte könnten erfahrene Saisonarbeiter nicht ersetzen, erklären neben Löttgen auch CDU-Fraktionsvize Rainer Deppe und Bianca Winkelmann, Sprecherin für Landwirtschaft in der Fraktion.
SPD-Abgeordneter Stinka: Studenten können das Problem nicht lösen"
SPD-Landwirtschaftsexperte André Stinka wertete das Schreiben als Beweis, dass es in NRW ein echtes Versorgungsproblem gebe, das Aushilfsarbeiter wie zum Beispiel Studenten nicht lösen könnten. Zuvor hatten CDU und FDP noch am Sinn einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde zur Lebensmittelversorgung gezweifelt.
NRW-Landwirtschaftsminister Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte von einer „Lücke von etwa 45.000 dringend benötigten Erntehelfern“ in NRW gesprochen. Etwa 8300 Arbeiter seien noch im Land. In dem Brandbrief steht, dass circa 20 Prozent der 300.000 Saisonarbeitskräfte, die im deutschen Obst-, Gemüse- und Gartenbau beschäftigt seien, in NRW arbeiteten. Wenn diese Rechnung stimmt, dann wäre die Lücke noch größer als angenommen.
"Versorgung der Bevölkerung ist systemrelevant"
Weiter steht in den Brief: „Gerade in den Sonderkulturen, wie dem Obst- und Gemüseanbau, kann die Produktion ohne diese wichtigen Saisonarbeitskräfte nicht aufrecht erhalten werden. Die Fertigkeiten, Erfahrung und die Arbeitseinstellung der üblichen Erntehelfer wird nicht zu ersetzen sein.“ Die Versorgung der Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln sei eine „systemrelevante Aufgabe“.
Der Bund solle daher die Einreise von Erntehelfern aus Osteuropa „unter gewissen Restriktionen und in einem geordneten Verfahren“ ermöglichen“.
Der Druck aus den Ländern wurde offenbar jetzt so groß, dass die Bundesregierung am Donnerstag reagierte: Um drohende Ernteausfälle zu verhindern, sollen in diesem und im kommenden Monat jeweils 40 000 Saisonarbeiter aus Osteuropa nach Deutschland einreisen dürfen. Darauf haben sich Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag verständigt.
Laut einem Konzeptpapier der beiden Ressorts dürfen die Arbeiter ausschließlich in Gruppen und mit dem Flugzeug einreisen. Vorgesehen ist außerdem eine Gesundheitsprüfung. Liegen Anhaltspunkte auf eine Corona-Infektion vor, soll die Einreise verweigert werden. Die neu eingereisten Helfer müssen demnach in den ersten 14 Tagen nach ihrer Ankunft getrennt von anderen Beschäftigten arbeiten und dürfen den Betrieb nicht verlassen.
Daneben wird angestrebt, für April und Mai jeweils rund 10 000 Menschen aus dem Inland für die Landwirtschaft zu gewinnen - etwa Arbeitslose, Studierende, Asylbewerber oder Kurzarbeiter. (mit dpa)