Essen/Gelsenkirchen. Straßen.NRW will der Bauwirtschaft in der Corona-Krise unter die Arme greifen. Offen ist, ob derzeit auf Autobahnen schneller gebaut werden kann.
Die für die Autobahn-Baustellen zuständige Landesbehörde Straßen.NRW will der Bauwirtschaft in der Corona-Krise unter die Arme greifen und durch Vorauszahlungen auf noch nicht erbrachte, aber bereits vertraglich fixiert Leistungen sowie den Verzicht auf Vertragsstrafen die Liquidität von Baufirmen sichern. „Ziel ist es, den Firmen Sicherheit zu geben“, erläutert Straßen.NRW-Direktorin Elfriede Sauerwein-Braksiek das ungewöhnliche Vorgehen.
Neue Baustellen nicht mal eben "aus dem Hut zu zaubern"
Der Schritt orientiere sich an einem entsprechenden Rundschreiben des Bundesverkehrsministeriums aus dieser Woche. Vorauszahlungen seien gegen Bürgschaft möglich. Die sonst strengen Terminvorgaben für Bauaufträge will Straßen.NRW lockern, wenn die Verzögerungen offensichtlich durch die Corona-Krise ausgelöst wurden, etwa weil Arbeitskräfte durch Quarantäne-Maßnahmen ausfallen.
Der Landesbetrieb dämpfte derweil Hoffnungen, dass Bauarbeiten auf den Autobahnen wegen des derzeit niedrigen Verkehrsaufkommens deutlich schneller vorankommen würden. „Wir tun, was wir können“, sagte Behördensprecher Bernd Löchter dieser Redaktion. Allerdings müssten gerade bei großen Bauvorhaben Ausschreibungsfristen eingehalten werden. „Große neue Baustellen können nicht mal eben aus dem Hut gezaubert werden“, so Löchter.
Bund übernimmt bald den Autobahn-Bau - Chefin wechselt
Unterdessen geht der massive, aber bislang relativ geräuschlose Umbau der NRW-Straßenbau-Verwaltung auch unter Corona-Bedingungen weiter. Die Übernahme des 2200 Kilometer langen NRW-Fernstraßen-Netzes durch die neue nationale Autobahn-Gesellschaft steht also kurz bevor. Im Januar übernimmt der Bund die Zuständigkeit für die Autobahnen an Rhein und Ruhr. Die eigens gegründete Autobahngesellschaft hat ihren Sitz in Berlin, die Organisation von Pflege, Sanierung und Neubau im deutschen Autobahnnetz wird auf bundesweit nur noch zehn Niederlassungen verteilt.
In NRW hatte bisher Straßen.NRW bei den Autobahnen das Sagen. Bis zu 40 Prozent der insgesamt rund 5800 Beschäftigten der Landesbehörde wechseln in den kommenden Monaten zum Bund. Eine davon ist auch Direktorin Elfriede Sauerwein-Braksiek. Die 60-Jährige wechselt bereits am 1. April an die Spitze der neuen Bundesautobahn-Niederlassung „Westfalen“ mit Sitz in Hamm. Die gelernte Bauingenieurin wird dort Chefin von 1450 Mitarbeitern und verantwortet künftig mit sechs Außenstellen das Autobahnnetz im westfälischen Landesteil sowie in darüber hinausgehenden Abschnitten bis zum hessischen Gießen und zum niedersächsischen Leer.
Behörde behält Sitz in Gelsenkirchen
Über ihre Nachfolge bei Straßen.NRW sei noch nicht entschieden, hieß es. Die NRW-Autobahnen im Rheinland werden von der Niederlassung Krefeld betreut. NRW ist damit das einzige Bundesland mit künftig zwei Autobahn-Niederlassungen des Bundes.
Straßen.NRW mit Sitz in Gelsenkirchen verliert durch den Umbau perspektivisch an Bedeutung, bleibt nur noch zuständig für das NRW-Netz aus Bundes- und Landesstraßen sowie überregionale Radwege wie den RS1 im Ruhrgebiet. Was das für die Zukunft des einst größten Landesbetriebes bedeutet? Straßen.NRW werde sich wohl neu erfinden müssen, sagte ein langjähriger Mitarbeiter.