Düsseldorf. Gelsenkirchens OB Frank Baranowski hat NRW-Familienminister Joachim Stamp einen bösen Brief geschrieben. Es geht um “zu viel“ Bürokratie.

Düsseldorf. In einem Brief an NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) beschwert sich Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) über zusätzliche bürokratische Belastungen, die die Landesregierung den Städten in der Coronakrise auferlege.

Als „eklatantes Beispiel“ nennt Baranowski die Pflicht, die Zahl der Kinder in der Notbetreuung täglich mit einem mehrseitigen Formular zu melden. „Warum, sehr geehrter Herr Minister, reicht hier nicht eine wöchentliche Meldung?“, steht in dem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt. Joachim Stamp ist Familien- und Kinderminister und stellvertretender Ministerpräsident des Landes NRW.

Die Städte müssten in der Folge der Coronakrise mit deutlich reduziertem Personal arbeiten, Mitarbeiter fielen durch Quarantäne oder Infektionen aus.

"Ich bin nicht bereit, Personal dafür abzuziehen"

„Ich bin nicht bereit, das eh ausgedünnte Personal mit derartigen zusätzlichen Aufgaben zu belasten oder Personal aus anderen krisen- und systemrelevanten Bereichen für einen täglichen Bericht an ihr Ministerium abzuziehen“, so der Oberbürgermeister. Allein in Gelsenkirchen müssten dafür jeden Morgen rund 80 Kitas verschiedener Träger befragt werden.

NRW-Familienminister Joachim Stamp reagierte umgehend auf die Vorwürfe und wies sie zurück. Das Land frage werktäglich direkt n den rund 11.000 Kindertageseinrichtungen die aktuelle Betreuungssituation und mit einer zweiten Befragung in den Jugendämtern die Betreuungssituation in der Kindertagespflege ab.

"Beide Befragungen sind sehr kompakt gehalten. Die Befragung zur Kindertagespflege beinhaltet nur vier Fragen nach jeweils einzelnen Zahlenwerten", schreibt Stamp in seinem Antwortschreiben an Baranowski. Die Kita-Befragung werde nicht von Mitarbeitenden aus dem Jugendamt, sondern direkt aus den Einrichtungen heraus geleistet. "Es ist von Ihrer Seite daher keine Abfrage für die Kita-Befragung bei den Trägern erforderlich", schreibt Stamp an Baranowski.

Gelsenkirchen und andere Revierstädte hatten schon in der vergangenen Woche das Krisenmanagement der Landesregierung hart kritisiert. Die Erlasse, zum Beispiel zu den Schul- und Kita-Schließungen, seien ein unnötiger Umweg, verzögerten die Umsetzung wichtiger Regeln und führten zu Fehlinterpretationen, war zu hören. Die Kommunen müssten die Erlasse erst in geltendes Recht verwandeln, was einen bis zwei Tage dauere. Besser wäre ein Regierung per Rechtsverordnung, wie es in Bayern längst üblich sei.

Verschiedene Instrumente zur Durchsetzung von Regeln

Inzwischen hat die NRW-Regierung erstmals eine Rechtsverordnung in der Coronakrise angewandt und damit die Kontaktsperre landesweit und flächendeckend durchgesetzt.

Laut einem Sprecher der NRW-Staatskanzlei erlaubt die Rechtslage sowohl Erlasse als auch Rechtsverordnungen. Erlasse seien „ein schneller, flexibler und effektiver Weg, um auf kurzfristig eintretende Situationen angemessen zu reagieren. Erlasse können zielführend und umgehend von Kommunen und Kreisen umgesetzt werden.“

Das größere Instrument der Rechtsverordnung sei nicht unbedingt schneller umzusetzen, weil auch sie erst im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet werden müssten. NRW behalte sich im Kampf gegen das Coronavirus vor, welches dieser Instrumente zur Durchsetzung von Regeln zum Einsatz komme.

Bayern zeigt viel Führungsstärke

Der Freistaat Bayern bedient sich nach der Feststellung des Katastrophenfalls häufiger als NRW der direkten Verordnung über alle Städte und Kreise hinweg. Die bayerische Landesregierung oder das dortige Innenministerium können die Leitung eines Katastropheneinsatzes übernehmen, wenn sie dies für richtig halten.

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