Essen. Geld soll ab Montag fließen. NRW-Wissenschaftsministerium entscheidet kommende Woche über „Nullsemester“ im Sommer

Ein bundesweiter Zusammenschluss von Studentenvertretungen fordert von Bund und Ländern ein Hilfsprogramm für Studierende, die wegen der Corona-Pandemie kein Einkommen mehr haben. Das Bündnis „Soforthilfe für Studis“ verlangt von der Bundesregierung ab 30. März eine Unterstützung für Studierende in Höhe von 3000 Euro. Von dem Geld sollen die Betroffenen drei Monate lang ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die Summe solle schnell und zunächst ohne Bedürftigkeitsprüfung fließen.

Damit schlossen sich die Studentenvertreter der Forderung des Deutschen Studentenwerks an, das im Zuge der Debatte um ein „Nullsemester“ in diesem Sommer einen Sozialfonds für Härtefälle gefordert hatte. Auch müsse die Bafög-Förderung um sechs Monate verlängert werden. „Der Wegfall des Nebenjobeinkommens ist für Studierende schnell existenzbedrohend“, so das Studenten-Bündnis. Oft könnten die Eltern den plötzlichen Einnahmeausfall nicht finanzieren.

Durchschnittlich 482 Euro Bafög

Katrin Lögering vom Asten-Treffen NRW, der landesweiten Interessenvertretung der Studenten: „Der Staat muss sofort handeln.“ Studierende hätten meist nicht die Rücklagen, um Notsituationen zu überstehen. „In der aktuell sehr unklaren Situation dürfen Studierende nicht durch finanzielle Belastungen am Studienfortschritt gehindert oder zum Studienabbruch gezwungen werden“, so Lögering. Die Soforthilfe sei als „erste Überbrückungsmaßnahme“ gedacht und orientiere sich ungefähr an dem vom Deutschen Studentenwerk (DSW) ermittelten Bedarf.

Nach Angaben des DSW arbeiten etwa zwei Drittel aller Studierenden neben dem Studium in einem Job. In Nordrhein-Westfalen sind rund 774.000 Studierende an einer Hochschule eingeschrieben. Mindestens 800 bis 900 Euro benötigen sie je nach Wohnort pro Monat zur Finanzierung ihres Studiums. Wer Bafög bezieht, erhält im Durchschnitt 482 Euro. Die Differenz zu den Lebenshaltungskosten wird meist durch Eltern, Nebenjobs und Ersparnisse gedeckt. Die Quote der Bafög-Bezieher sank in den letzten Jahren immer weiter ab. Derzeit werden in NRW rund 124.400 der insgesamt 774.000 Studierenden finanziell unterstützt.

Ministerium und Hochschulen prüfen "Nullsemester"

Ob das kommende Sommersemester wie von zahlreichen Hochschullehrern gefordert wegen der Coronakrise formal nicht gezählt wird, steht nach Angaben des NRW-Wissenschaftsministeriums noch nicht fest. Ein solcher Schritt müsse „zuvor sorgfältig geprüft, abgewogen und unter den Ländern besprochen werden, da damit auch Nachteile für Studierende verbunden sein könnten“, teilt das Ministerium auf Anfrage mit. Dazu stehe man im ständigen Austausch mit den NRW-Hochschulen.

Wegen der Ansteckungsgefahr wurde der Vorlesungsbeginn an allen Hochschulen zunächst auf den 20. April verschoben. „Spätestens Anfang April werden das Ministerium und die Hochschulen gemeinsam eine Neubewertung der Lage vornehmen, bei der auch etwaige Folgemaßnahmen besprochen werden“, so ein Ministeriumssprecher. Demnach wird kommende Woche entschieden, ob das Sommersemester tatsächlich am 20. April beginnen kann oder ob es womöglich als „Nicht-Semester“ gewertet wird.

Rektoren fordern Verlängerung des Bafög

Auf diesen Begriff möchten sich die Hochschulen indes noch nicht festlegen. „Für die Universitäten in NRW ist entscheidend, dass den Studierenden durch die derzeit herrschende Ausnahmesituation so wenig Nachteile wie möglich entstehen“, sagte Prof. Lambert Koch, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz und Rektor der Uni Wuppertal, der WAZ. „Daher haben wir beispielsweise auf eine Anpassung der Bafög-Regeln gedrängt und empfehlen ein Hinausschieben der Altersgrenzen für die Kindergeldberechtigung und die Mitversicherung bei den Eltern um den Krisenzeitraum.“

Die Hochschullehrer müssten jetzt die Möglichkeiten von Online-Angeboten optimal ausschöpfen. Das Sommersemester dürfe nicht zu einem komplett verlorenen Semester werden, so Koch. Viele Rektoren signalisieren den Studenten, ihnen bei Fragen zu Prüfungen und anderen Problemen zu helfen. So versicherte der Rektor der Ruhr-Uni Bochum, Axel Schölmerich, den Studierenden: „Wir werden in jeder Form großzügig und unbürokratisch helfen.“